Mignon von Johann Wolfgang von Goethe

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.
 
Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
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Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
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Was hat man dir, du armes Kind, getan?
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Kennst du es wohl?
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Dahin! Dahin
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Möcht ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.
 
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Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
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Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg;
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In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;
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Es stürzt der Fels und über ihn die Flut,
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Kennst du ihn wohl?
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Dahin! Dahin
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Geht unser Weg! o Vater, laß uns ziehn!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Mignon“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
133
Entstehungsjahr
1749 - 1832
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

In Johann Wolfgang von Goethes Gedicht „Mignon“ spricht ein lyrisches Ich, das sich offenbar nach etwas sehnt. Das lyrische Ich vergleicht verschiedene Orte und Plätze mit dem Reiseort, zu dem es möchte. Es stellt Fragen („Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?“) und erwähnt auch einige mythische Elemente, wie den Drachen und seine Brut in den Höhlen. Am Ende des Gedichts bittet das lyrische Ich seinen Vater, dass sie beide „dahin“ (an den Wunschort) ziehen.

Das Gedicht leitet den Leser dazu an, das lyrische Ich und seine Sehnsucht nach einem neuen Ort tiefer zu hinterfragen. Die beschriebenen Szenen hören sich nach einem Ort der Schönheit und des Friedens an. Nachdem das lyrische Ich die Frage „Kennst du ihn wohl?“, mit einem Ausruf „Dahin! Dahin“ beantwortet, fragt es, ob sie zusammen zu diesem Ort ziehen können. Dies bedeutet, dass das lyrische Ich eine Reise machen möchte, um an einen Ort zu gelangen, der schöner ist, als der Ort, an dem es zurzeit gerade ist. Zusammen mit dem Drachenelement deutet dies darauf hin, dass es darum geht, eine Reise durch die Unbekannte, eine gefährliche Reise, anzutreten.

Goethes Gedicht „Mignon“ ist eine Abhandlung über Sehnsucht und vorsichtige Abenteuerlust. Es legt nahe, dass das lyrische Ich – und vielleicht auch Goethe selbst – sich nach einer Abwechslung von dem Ort, an dem es sich zurzeit befindet, sehnt. Es möchte sowohl seine Komfortzone verlassen als auch seine Träume verwirklichen. Dieses Gedicht ist ein Aufruf, sich den Ängsten zu stellen, sein Potenzial und seine Kreativität zu entdecken, um Dinge zu finden, die man schon immer zu finden versuchte.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Mignon“ ist Johann Wolfgang von Goethe. Im Jahr 1749 wurde Goethe in Frankfurt am Main geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1765 bis 1832 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Goethe ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird der Sturm und Drang auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. Der Epoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Rebellieren gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Die Schriftsteller des Sturm und Drang waren zumeist junge Autoren, häufig unter 30 Jahre alt. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit dem Hinwenden Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Richtungsweisend für die Literatur der Weimarer Klassik war die Französische Revolution. Menschen setzten sich dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Der Beginn der Weimarer Klassik ist im Jahr 1786 auszumachen. Die Epoche der Klassik endete im Jahr 1832 mit dem Tod Johann Wolfgang von Goethes. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Die Weimarer Klassik geht von einer Erziehbarkeit des Individuums zum Guten aus. Ihr Ziel ist die Humanität, die wahre Menschlichkeit (das Schöne, Gute, Wahre). Die Dichter der Weimarer Klassik gingen davon aus, dass Gott den Menschen Gefühle und Vernunft gibt und die Menschen damit dem Leben einen Sinn geben. Das Individuum ist also von höheren Mächten bestimmt. In der Klassik wird eine einheitliche, geordnete Sprache verwendet. Kurze, allgemeingültige Aussagen sind häufig in Werken der Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, legte man großen Wert auf formale Ordnung und Stabilität. Metrische Ausnahmen befinden sich häufig an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die Hauptvertreter der Klassik sind Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Schiller und Goethe.

Das Gedicht besteht aus 21 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 133 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe sind „An die Entfernte“, „An die Günstigen“ und „An einen jungen Prahler“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Mignon“ weitere 1618 Gedichte vor.

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