Elegische Ironie von Erich Mühsam

Lieder sing ich, seit ich denke,
weil mein Herz empfindsam ist
und den Spender der Geschenke
im Genießen nicht vergißt.
Doch sie haben mich vergessen,
denen ich mein Lied beschert.
Niemand lebt auf Erden, dessen
Seele eines Sangs noch wert.
Heldentaten zu vollbringen
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ist kein Lob in dieser Zeit:
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Disziplin heißt sie vollbringen,
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Angst gebiert die Tapferkeit.
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Liebe, die das Herz beseligt,
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zupft an keiner Leier mehr.
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Haß ersetzt sie. Haß befehligt.
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Haß ist Heil und Pflicht und Wehr.
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Niemals kehrt die Freude wieder
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und das Licht, das uns umgab.
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Still versinken auch die Lieder
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in der Menschheit Massengrab.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Elegische Ironie“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
99
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt vom berühmten deutschen Dichter Erich Mühsam, der von 1878 bis 1934 lebte. Mühsam war ein prominenter Anarchist und Antifaschist und seine Arbeit ist oft sehr politisch geladen und gesellschaftskritisch. Dieses spezielle Gedicht fällt in die Kategorie der Elegie, was eine poetische Form ist, die häufig Traurigkeit, Verlust oder Tod zum Ausdruck bringt.

Beim ersten Lesen des Gedichtes erweckt es starke Emotionen von Nostalgie, Traurigkeit und Analyse des Kontextes. Es beschreibt die Veränderung der Welt und des menschlichen Verhaltens aus der Perspektive des lyrischen Ichs.

Das lyrische Ich beginnt das Gedicht, indem es seine Liebe für das Singen von Liedern ausdrückt, da sein Herz „empfindsam“ ist. Es beschwert sich jedoch, dass es vergessen wurde und niemand mehr die Schönheit seiner Lieder schätzt. Es kommentiert sarkastisch, dass in der gegenwärtigen Gesellschaft Heldentaten keine Anerkennung, Lob oder Wertschätzung mehr finden, sondern durch Disziplin und Angst ersetzt werden. Liebe, die normalerweise das Herz „erfreut“, ist verschwunden und wurde durch Hass ersetzt. Das Gedicht endet pessimistisch mit der Aussage, dass Freude und Licht niemals zurückkehren werden und Lieder leise in das „Massengrab der Menschheit“ sinken.

Die Form des Gedichts ist eine einfache Elegie, aber die Sprache ist voller starker Emotionen und beschreibt scharfsinnige Beobachtungen der Gesellschaft. Die Verwendung des Wortes „Massengrab“ am Ende ist ein starkes Bild, das sowohl Verlust als auch Tod symbolisiert. Es zeigt auch die Verzweiflung und den Pessimismus des lyrischen Ichs.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht „Elegische Ironie“ von Erich Mühsam die Enttäuschung und Traurigkeit des lyrischen Ichs über die Veränderungen in der Gesellschaft ausdrückt. Es ist eine starke Kritik an der Abkehr von Werten wie Liebe und Würdigung von Heldentaten und dem Aufkommen von Disziplin, Angst und Hass.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Elegische Ironie“ ist Erich Mühsam. Der Autor Erich Mühsam wurde 1878 in Berlin geboren. Im Jahr 1920 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in München. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Expressionismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Mühsam handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 99 Worte. Weitere Werke des Dichters Erich Mühsam sind „Betäubung“, „Das Beispiel lebt“ und „Das Volk der Denker“. Zum Autor des Gedichtes „Elegische Ironie“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 57 Gedichte vor.

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