Einsamkeit von Rainer Maria Rilke

Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen;
von Ebenen, die fern sind und entlegen
geht sie zum Himmel der sie immer hat.
Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt.
 
Regnet hernieder in den Zwitterstunden
wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen
und wenn die Leiber welche nichts gefunden
enttäuscht und traurig von einander lassen;
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und wenn die Menschen die einander hassen,
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in einem Bett zusammen schlafen müssen:
 
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dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen …
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Einsamkeit“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
82
Entstehungsjahr
1902
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Einsamkeit“ wurde von dem deutschsprachigen Dichter Rainer Maria Rilke geschrieben, der von 1875 bis 1926 lebte. Dieses Gedicht stammt aus der Epoche des Symbolismus, die Rilkes dichterisches Schaffen prägte.

Das Gedicht besteht aus drei Strophen unterschiedlicher Verslänge von fünf, sechs und einer Verszeile. Es vermittelt zunächst einen eher melancholischen und tristen Eindruck. Das lyrische Ich thematisiert die Einsamkeit und vergleicht sie mit einem Regen, der aus der Ferne kommt, den Himmel erreicht und dann auf die Stadt herabfällt. Dieses Bild wird im zweiten Abschnitt verfeinert, indem es beschreibt, wann und wie dieser „Einsamkeitsregen“ auf die Stadt fällt: In den späten oder frühen Stunden, wenn die Menschen enttäuscht und einsam sind, wenn sie miteinander in Konflikt geraten sind und gezwungen sind, nahe beieinander zu schlafen. Das lyrische Ich scheint auf die Paradoxie hinzuweisen, dass Nähe und Gemeinsamkeit oft Einsamkeit verursachen können. Im letzten Vers fließt die Einsamkeit letztendlich mit den Flüssen davon, ein Bild der ständigen Bewegung und Wiederholung.

Die Sprache des Gedichts ist sehr lyrisch und bildhaft, oft metaphorisch. Reime sind in diesem Gedicht kaum zu finden, was eine offene Form und freie Rhythmik erzeugt. Rilkes klare und direkte Ansprache sowie die bildlichen Vergleiche dienen dazu, sowohl die emotionalen als auch die visuellen Aspekte der Einsamkeit zu intensivieren. Die wiederholte Verwendung von „und“ an den Anfängen der Verse erzeugt einen hypnotischen, fortschreitenden Rhythmus, der das unausweichliche Fließen der Einsamkeit widerspiegelt.

Insgesamt interpretiert das Gedicht Einsamkeit als universelle und unvermeidliche menschliche Erfahrung. Es unterstreicht die eher triste Sicht auf die menschliche Existenz, in der Einsamkeit als allgegenwärtige und unausweichliche Kraft dargestellt wird, die sich aus den entlegenen Ebenen ergießt und schließlich über die Menschen in den Städten hereinbricht.

Weitere Informationen

Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Einsamkeit“. Rilke wurde im Jahr 1875 in Prag geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1902. Der Erscheinungsort ist Berlin / Leipzig, Stuttgart. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 82 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 12 Versen. Der Dichter Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend“, „Abend“ und „Abend in Skaane“. Zum Autor des Gedichtes „Einsamkeit“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.

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