Einsame Wanderungen von Rudolf Lavant
1 |
Es hat mich oft hinausgezogen, |
2 |
In Nächten sternenlos und rauh, |
3 |
In der Novembernebel Wogen |
4 |
Und in ihr dichtes, feuchtes Grau; |
5 |
Es kam zu mir wie fernes Klagen |
6 |
Der Glocken Hall, erstickt und dumpf, |
7 |
Und geisterhaft ins Dämmern ragen |
8 |
Sah ich am Bach den Weidenstumpf. |
|
|
9 |
Ich schritt durch flockiges Gewimmel, |
10 |
Das weiß und dicht und still und sacht |
11 |
Herniedersank vom grauen Himmel |
12 |
In lautlos stummer Winternacht. |
13 |
ich sah die duftig-zarten Schleier |
14 |
Des Frostes von den Zweigen wehn, |
15 |
Und weiß bereift, in stiller Feier, |
16 |
Die Bäume wie verzaubert stehn. |
|
|
17 |
Ich bin allein hinausgeschritten, |
18 |
Und weggehaucht war alles Weh, |
19 |
Wenn leise unter meinen Schritten |
20 |
Geknirscht der frosterstarrte Schnee, |
21 |
Wenn sich in kalter Luft der linde, |
22 |
Der warme Mundeshauch verlor, |
23 |
Wenn mir der Bart im scharfen Winde |
24 |
Zu stechendem Gezack gefror. |
|
|
25 |
Ich sah die Sterne dicht und dichter |
26 |
Herauf in buntem Feuer ziehn, |
27 |
Und wenn das Spiel der Himmelslichter, |
28 |
Im Eise glitzernd wiederschien, |
29 |
Wenn wild daher das Sturmgetose, |
30 |
Die weite Fläche fegend, schnob, |
31 |
Daß wirbelnd mir das feine, lose |
32 |
Geweh’ ins Auge eisig stob – |
|
|
33 |
Dann hab’ ich zornig wohl und bitter |
34 |
Im Schreiten vor mich hingelacht, |
35 |
Wenn ich an all’ den Tand und Flitter, |
36 |
Der Andrer einzig Glück, gedacht, |
37 |
Bis mich mit ihrer Geistesleere |
38 |
Ein tiefes Mitleid überkam, |
39 |
Und allen Groll mir still die hehre, |
40 |
Tiefernste Pracht vom Herzen nahm. |
Details zum Gedicht „Einsame Wanderungen“
Rudolf Lavant
5
40
216
1893
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Einsame Wanderungen“ des Autors Rudolf Lavant. 1844 wurde Lavant in Leipzig geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1893 zurück. Stuttgart ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 216 Worte. Rudolf Lavant ist auch der Autor für Gedichte wie „An den Herrn Minister Herrfurth Exzellenz“, „An den Kladderadatsch“ und „An die Frauen“. Zum Autor des Gedichtes „Einsame Wanderungen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 96 Gedichte veröffentlicht.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Weitere Gedichte des Autors Rudolf Lavant (Infos zum Autor)
- Agrarisches Manifest
- An Herrn Crispi
- An das Jahr
- An den Herrn Minister Herrfurth Exzellenz
- An den Kladderadatsch
- An die Frauen
- An die alte Raketenkiste
- An unsere Feinde
- An unsere Gegner
- An la belle France.
Zum Autor Rudolf Lavant sind auf abi-pur.de 96 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt