Eine Seele von Ferdinand Freiligrath
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Flog zum Himmel eine junge Seele, |
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Leisen Fluges hob sie sich empor; |
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Fast ein Kind noch, rein und ohne Fehle, |
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Trat sie schüchtern durch das goldne Tor. |
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Und: »Sieh da, das Kind des Patrioten!« |
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Irrt' ein Murmeln hier und dort im Nu. |
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Standen auf die besten deutschen Toten, |
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Schritten hastig auf die Tote zu. |
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Kam heran der edle starre Seume, |
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Mann der Freiheit und der Poesie; |
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Eilte Schiller durch die lichten Räume. |
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Hutten, Schubart - alle kamen sie. |
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Sahn sie an mit unverstellter Klage; |
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Boten Gruß ihr, warm und fest und schlicht; |
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Blickten stumm und ängstlich eine Frage |
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In das schmerzlich lächelnde Gesicht. |
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Ach, senkt' es, sah zur Erde nieder; |
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Zitternd stand sie, zitternd und geknickt: |
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Heiße Tränen sprangen durch die Lider, |
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Die des Vaters Hand - nicht zugedrückt! |
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Sieh, da zuckt' es in der Faust dem Seume; |
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Schubarts dunkle, breite Stirne schwoll; |
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»Freiheit ist nur in dem Reich der Träume«, |
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Sagte Schiller bittern Zornes voll. |
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Aber Seume: »Mädchen, sei zufrieden! |
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Auch der Tod, du weißt es, kann befrein! |
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Laß die Schlösser, laß sie Ketten schmieden |
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Frei mit Freien wird dein Vater sein! |
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Frei zu mir und diesen wird er treten, |
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Auch ein Toter für das Vaterland! |
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Auch ein Licht, zu dem in Sturmesnöten |
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Deutsche Männer heben Herz und Hand! |
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O, wie stolz dann wird der Müde rasten! |
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Freilich - dann erst! Bete, da´er stirbt! |
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Bete, Kind! ich kenne die Dynasten, |
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Deren Willkühr seine Kraft zermürbt! |
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Ihn ins Enge, mich vordem ins Weite |
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Trieb derselbe finstre Herrscherstamm; |
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Sagten dir nicht eher schon die Leute, |
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Daß der Seume nach Neuschottland schwamm? |
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Drum so fleh', daß bald mit grünen Spitzen |
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Gras der Lahn um einen Hügel kost! |
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Neben Hutten soll dein Vater sitzen |
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Tochter Jordans, bet' und sei getrost!« |
Details zum Gedicht „Eine Seele“
Ferdinand Freiligrath
11
44
288
1844
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Ferdinand Freiligrath ist der Autor des Gedichtes „Eine Seele“. 1810 wurde Freiligrath in Detmold geboren. 1844 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Freiligrath handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 288 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 44 Versen mit insgesamt 11 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Ferdinand Freiligrath sind „Von unten auf“, „Vor der Fahrt“ und „Wie man’s macht“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Eine Seele“ weitere 65 Gedichte vor.
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Weitere Gedichte des Autors Ferdinand Freiligrath (Infos zum Autor)
- Am Birkenbaum.
- Die Todten an die Lebenden
- Eispalast
- Freie Presse
- Springer
- Von unten auf
- Vor der Fahrt
- Wie man’s macht
- Lieder
- Die Trompete von Vionville
Zum Autor Ferdinand Freiligrath sind auf abi-pur.de 65 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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