Einigkeit von Theodor Fontane
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Kein Jubel mehr! die Freude sei bemeistert |
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Ob deutschen Sinn’s und deutscher Einigkeit; |
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Es gilt nicht viel, wenn sich ein Volk begeistert |
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In unsrer krankhaft-überreizten Zeit. |
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Was Ihr gesehn – des Mitleids frommes Walten |
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Erlöst noch lang vom alten Fluch uns nicht, |
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Und unsre Heimath ist und bleibt zerspalten, |
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Bevor uns nicht ein festres Band umflicht. |
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Begeistrung! ja, bei Gott, auf allen Gassen |
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Und aller Orten macht sie jetzt sich breit, |
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Und wessen Herz sich will begeistern lassen, |
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Der eile sich – jetzt ist die rechte Zeit, |
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Es ist die Zeit, wo sich die deutsche Jugend, |
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Unwürdig, vor den Künstlerwagen spannt; |
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Sie stempelt auch die Mode ’mal zur Tugend, |
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Und schwärmt für Einigkeit im Vaterland. |
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Ach, Einigkeit! die Liebe kann sich regen |
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In einem Herzen, das der Haß verzehrt, |
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Es schlägt dem Feinde zornentbrannt entgegen, |
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Und hält ihn dennoch seines Mitleids werth. |
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Wer hat von Euch die namenlosen Schmerzen |
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Zerschossner Feinde frohen Muth’s erblickt? |
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So hassenswerth lebt nie der Haß im Herzen, |
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Daß er des Mitleids Stimme selbst erstickt. |
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Nein, soll die Zukunft uns ein Deutschland bringen, |
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Da gilt es mehr als eine milde Hand, |
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Da gilt’s ein muthig Ringen und Bezwingen, |
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Ein Frühlingswehn durch’s ganze deutsche Land. |
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Wenn überall der Freiheit Banner rauschen, |
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Und kein bedrücktes Volk um Rettung schreit, |
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Dann will auch ich die Zweifel froh vertauschen, |
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Und gläubig baun auf Deutschlands Einigkeit. |
Details zum Gedicht „Einigkeit“
Theodor Fontane
4
32
227
1851
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Einigkeit“ ist von dem bedeutenden deutschen Schriftsteller Theodor Fontane, der vom 30. Dezember 1819 bis 20. September 1898 lebte. Seine Schaffensperiode fällt somit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, eine Zeit der politischen und gesellschaftlichen Umbrüche in Deutschland, in der die Frage der nationalen Identität und Einheit eine zentrale Rolle spielte.
Schon beim ersten Lesen fällt auf, dass das lyrische Ich die allgemeine Begeisterung für die Idee deutscher Einheit kritisch betrachtet. Es hinterfragt, ob diese Einheit nur eine Modeerscheinung ist und ob die wahren Probleme des Landes damit wirklich gelöst werden können.
Inhaltlich geht es in dem Gedicht um die Bewegung und die Gefühle der deutschen Bevölkerung in der damaligen Zeit. Das lyrische Ich spricht von einer Begeisterung für die Idee der deutschen Einheit, aber gleichzeitig von einer gewissen Skepsis. Es wird deutlich, dass das lyrische Ich nicht glaubt, dass die reine Begeisterung ausreicht, um die bestehenden Probleme zu lösen. Vielmehr deutet das lyrische Ich an, dass bestehende Spaltungen und Unterdrückungen überwunden und ein „Frühlingswehen durch's ganze deutsche Land“ nötig wäre, um eine echte und stabile Einheit zu erreichen.
Formal ist das Gedicht in vier gleich strukturierte Strophen mit jeweils acht Versen unterteilt. Die Sprache ist eher gehoben und enthält viele Metaphern und Symbole, was typisch ist für die Lyrik des 19. Jahrhunderts. Ein zentraler Begriff, der in jeder Strophe aufgegriffen wird, ist die „Einigkeit“. Weiterhin wird die Thematik oft in direktem Bezug zur deutschen Heimat und dem Vaterland formuliert und von Emotionen begleitet.
Also, dieses Gedicht scheint eine Aufforderung an das deutsche Volk zu sein, sich nicht nur von der Idee der Einheit begeistern zu lassen, sondern sich aktiv für ihre Verwirklichung einzusetzen. Dabei betont das lyrische Ich die Notwendigkeit, bestehende Missstände anzugehen und einen echten gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Einigkeit“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Theodor Fontane. Im Jahr 1819 wurde Fontane in Neuruppin geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1851 entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Bei Fontane handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 227 Worte. Die Gedichte „Alles still!“, „Am Jahrestag“ und „An Bettina“ sind weitere Werke des Autors Theodor Fontane. Zum Autor des Gedichtes „Einigkeit“ haben wir auf abi-pur.de weitere 214 Gedichte veröffentlicht.
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