Nach England von Ferdinand Freiligrath

Als ich her von Frankreich fuhr,
Sprach das Meer: »Treib sie zu Paaren!
Gleiche dem Erobrer nur,
Den ich trug vor tausend Jahren!
In derselben Furch' einher
Schwimmst du, die sein Kiel geschnitten:
Kühnen Sprunges drum, wie er,
Wirf dich wider diese Briten!
 
Spring ans Land und fall ans Land!
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Nur auch decke mit der Hand es!
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Rufe: Mein dies Engelland!
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Mein! Denn meine Hand umspannt es!
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Dann empor und in den Streit!
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Vorgeeilt auf rüst'gen Füßen!
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Und es wird zu rechter Zeit
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Hastings dich als Sieger grüßen!
 
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Hastingsfeld ist allerwärts,
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Hastingsschlacht ist allerwegen,
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Wo ein mutig Männerherz
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Kühn sich stell des Lebens Schlägen!
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Wer da keinen Thron begehrt,
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Hat um ander Gut zu rechten:
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Du willst Brot und einen Herd
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Und auch die mußt du erfechten!
 
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Wider dich, weil froh du sangst,
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Das Gebell von tausend Hunden!
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Wider dich die blöde Angst
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Vor dem Dichter-Vagabunden!
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Wider dich und deinen Trutz
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Alle Waffen des Gemeinen:
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Kälte, Dünkel, Eigennutz
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Alles wider dich, den einen!
 
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Doch du bist dir selbst ein Heer!
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Dir voraus mit hellem Taillefer,
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Mut und Freude dir zu bringen!
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Dann der Wille, dann der Fleiß,
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Dann, die alles kann, die Liebe
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Keine Schlacht so grimm und heiß,
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Daß die Schar nicht Meister bliebe!
 
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Wärst du einzeln, ernster Mann,
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Sagt' ich dir: Bleib auf der Welle!
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Meide Liliput fortan,
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Sei des Elements Geselle!
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Eintagsunruh', Eintagsstreit,
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Woll' auf meinen Grund sie tauchen!
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Odem der Unendlichkeit,
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Laß mich in die Brust dir hauchen!
 
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Aber nicht bei Mast und Tau,
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Nicht auf Planken, sturmdurchnäßten
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Zarte Kinder, müde Frau
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Wollen wandeln auf dem Festen!
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Darum, wo die Ernte wallt,
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Willst du sä'n und willst du pflanzen;
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Wo der Lärm der Städte schallt,
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Mit im Gliede willst du schanzen:
 
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Auch ein Mann, der Steine bricht:
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Auch ein Mann in Eisenhütten!
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Lasse nur den Alltag nicht
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Deine Dichtung dir verschütten!
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Sei, der zwiefach reisig steht
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Auf der frisch erkämpften Grenze:
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Tagelöhner und Poet,
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Eine beider Würden Kränze!
 
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Sieh, da liegt die Küste schon!«
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Ja, da lag sie! Nah zum Greifen,
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Trotzig hob sich Albion
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Aus der Flut, ein weißer Streifen.
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Alles still und morgengrau!
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Felsenripp' um Felsenrippe
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Flog vorbei zu flücht'ger Schau:
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Dover-Schloß und Shakespeares Klippe!
 
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Hier und da ein Fischerboot!
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Auf und ab geschwenkte Baken!
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Kap Nord-Vorland! Brennendrot
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Jetzt das Nore-Schiff! - Segellaken,
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Dämpfersäulen - hui das ging!
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Alle keuchten, alle flogen,
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Wie von jenem Fabelding,
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Dem Magnetberg, angezogen!
 
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Ein Magnet auch sie zog an:
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London! - Und in hellen Haufen
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Mit der Flut sind wir sodann
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In die Themse eingelaufen!
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Näher trat des Landes Kern,
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Herz und Adern fühlt' ich schlagen
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Östlich stand der Morgenstern,
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Westlich senkte sich der Wagen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (30.4 KB)

Details zum Gedicht „Nach England“

Anzahl Strophen
11
Anzahl Verse
87
Anzahl Wörter
437
Entstehungsjahr
1846
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Nach England“ des Autors Ferdinand Freiligrath. Der Autor Ferdinand Freiligrath wurde 1810 in Detmold geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1846 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Der Schriftsteller Freiligrath ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 437 Wörter. Es baut sich aus 11 Strophen auf und besteht aus 87 Versen. Der Dichter Ferdinand Freiligrath ist auch der Autor für Gedichte wie „Springer“, „Von unten auf“ und „Vor der Fahrt“. Zum Autor des Gedichtes „Nach England“ haben wir auf abi-pur.de weitere 65 Gedichte veröffentlicht.

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