Der glückliche Dichter von Christian Fürchtegott Gellert

Ein Dichter, der bei Hofe war
Bei Hofe? Was? bei Hofe gar?
Wie kam er denn zu dieser Ehre?
Ich wüßte nicht, was ein Poet,
Ein Mensch, der nichts vom Recht und Staat versteht,
Was der bei Hofe nötig wäre?
Was ein Poet bei Hofe nötig ist?
Ja, Freund, du hast wohl recht zu fragen.
Mich ärgert's, daß August zween Dichter gern vertragen,
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Die man doch itzt kaum in den Schulen liest.
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Was ist's denn nun mit zehn Racinen
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Und Molieren? Nichts! Gar nichts, der eine macht,
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Daß man bei Hofe weint, der andre, daß man lacht,
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Das heißt dem Staate trefflich dienen,
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Dadurch wird ja kein Groschen eingebracht!
 
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Doch auf die Sache selbst zu kommen.
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Ein Dichter, den der Hof in seine Gunst genommen,
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Schlief einst bei Tag im Louvre ein.
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Wie so? War er berauscht? Das kann wohl möglich sein:
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Man hat in Frankreich guten Wein,
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Und Dichter sollen insgemein
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Von Wahrheit, Liebe, Witz und Wein
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Sehr gute Freund' und Kenner sein.
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Ich mag die Welt nicht Lügen strafen,
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Drum sag' ich weder ja noch nein.
 
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G'nug der Poet war eingeschlafen
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Und war nicht schön, das man wohl merken muß;
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Doch gab die Königin, den Schlaf ihm zu versüßen,
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Ihm im Vorbeigehn einen Kuß.
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»Was«, rief ein Prinz, »den blassen Mund zu küssen?«
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»Blaß«, sprach die Königin, »blaß ist er, das ist wahr;
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Doch sagt der Mann mit seinem blassen Munde
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Mehr Schönes oft in einer Stunde
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Als Sie, mein Prinz, durch's ganze Jahr.«
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Der glückliche Dichter“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
34
Anzahl Wörter
246
Entstehungsjahr
1715 - 1769
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Christian Fürchtegott Gellert ist der Autor des Gedichtes „Der glückliche Dichter“. 1715 wurde Gellert in Hainichen geboren. Zwischen den Jahren 1731 und 1769 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Aufklärung zugeordnet werden. Bei Gellert handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 246 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 34 Versen. Weitere Werke des Dichters Christian Fürchtegott Gellert sind „Der Leichtsinn“, „Das Kind mit der Schere“ und „Der junge Krebs und die Seemuschel“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der glückliche Dichter“ weitere 164 Gedichte vor.

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