Einem Künstler von Louise Otto-Peters

Du hast’s gewagt, den Zauberzweig zu pflücken,
Dich selber der Unsterblichkeit zu weihen,
Uns andern aber höchstes Glück zu leihen,
Im sel’gen Aufschwung und im Weltentrücken.
 
Du hast’s gewagt – uns bleibt nur das Entzücken,
Denn Himmelsmächte sind es, die Dich feien,
An der Heroen edle Schar Dich reihen
Mit ihrer schönsten Glorie Dich schmücken.
 
Ein Zauberreich mit heil’gen Tempelhallen,
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Drinn Geisterscharen jenen Zweig behüten,
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Das ist die Kunst zu der viel Tausend wallen –
 
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Doch Wen’gen nur, die um den Zweig sich mühten,
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Ist er als Preis des Sieges zugefallen –:
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Dein aber ist er, Dein mit allen Blüten!
 
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Lara.
 
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„Wenn Lara kämpft für seine eigne Ehre“,
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So kämpft er für die Ehre alles Schönen
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Und alles Hohen, kämpft mit Göttertönen,
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Und allem Niedrem setzt er sich zur Wehre.
 
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Es ist die Kunst in ihrer ganzen Hehre,
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Begleitet von den lächelnden Kamönen,
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Die dann sich nahn, den Genius zu krönen,
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Der ein Verkünder ihrer reinsten Lehre:
 
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Das Ew’ge soll im Endlichen erscheinen
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Und doch uns selbst ins Reich des Ew’gen heben,
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Wo wir der Andacht Freudenthränen weinen.
 
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Zum höchsten Ziel der Kunst, dem einzig einen,
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Heißt zu dem höchsten Ideale streben:
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Sich selbst der Welt als Ideal zu geben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Einem Künstler“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
29
Anzahl Wörter
204
Entstehungsjahr
1860-1870
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Einem Künstler“ wurde von Louise Otto-Peters verfasst, einer bedeutenden deutschen Schriftstellerin und Frauenrechtlerin des 19. Jahrhunderts. Das Gedicht kann demzufolge in die Epoche des Realismus eingeordnet werden.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht eine Hommage an einen (vermutlich männlichen) Künstler zu sein, den die lyrische Sprecherin bewundert und lobpreist. Es hebt die Begabung und Hingabe des Künstlers hervor, der die Welt durch sein Schaffen verzaubert hat und sich mit seiner Kunst ein Denkmal gesetzt hat.

Im Einzelnen betrachtet, thematisiert das Gedicht die Rolle des Künstlers und die Wirkung seiner Kunst auf die Welt. Der lyrische Sprecher drückt seine Bewunderung für den Künstler aus, der es gewagt hat, „den Zauberzweig zu pflücken“ – ein Symbol für Inspiration und Kreativität – und sich damit selbst zur Unsterblichkeit verholfen hat. In der Welt des Künstlers, in der Kunst selbst, findet der lyrische Sprecher „höchstes Glück“ und „Entzücken“. Dieses Reich der Kunst wird mit „heil'gen Tempelhallen“ assoziiert - ein Ort, zu dem Tausende pilgern. Es wird hervorgehoben, dass nur wenige in der Lage waren, den „Zweig“ zu erreichen, doch dem Künstler ist dies gelungen.

Das Gedicht verfügt über einen sehr rhythmisch gereimten Strophenbau, wobei die zweite und die vierte Zeile jeder Strophe meistens einen Reim bilden. Louise Otto-Peters nutzt eine sehr blumige, bildhafte Sprache, um ihre Verehrung für den Künstler und die Kunst selbst auszudrücken. Ihre Verwendung von Metaphern wie „Zauberreich“ und „heil'gen Tempelhallen“ verleiht der Kunst eine fast göttliche Bedeutung.

Insgesamt interpretiert das Gedicht „Einem Künstler“ die Rolle des Künstlers als Verkünder und Hüter der Kultur und rückt seine besondere Begabung und Hingabe in den Mittelpunkt. Louise Otto-Peters nutzt dabei durchgehend großartige und verherrlichende Sprache, um dem Leser ihre tiefste Bewunderung zu vermitteln.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Einem Künstler“ der Autorin Louise Otto-Peters. Otto-Peters wurde im Jahr 1819 in Meißen geboren. 1870 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin vorgenommen werden. Die Richtigkeit der Epoche sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 29 Versen mit insgesamt 9 Strophen und umfasst dabei 204 Worte. Louise Otto-Peters ist auch die Autorin für das Gedicht „An Alfred Meißner“, „An August Peters“ und „An Byron“. Zur Autorin des Gedichtes „Einem Künstler“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 106 Gedichte vor.

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