Einem Dichterlein von Ada Christen

O, säng’ ich doch von Veilchenduft,
Gleich Dir von Lieb’ und Mondenschein,
Von Waldesgrün und Himmelszelt,
Von Frühlingspracht und Vögelein!
 
Du säuselst laue Treibhausluft
Und weinst gewärmte Thränelein,
Und meinst, es müßt’ die ganze Welt,
Nur weil Du klagst, auch kläglich sein.
 
O, honigsüßes Dichterlein,
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Der Du aus Büchern dichten lernst
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Und flau besingst, was stets Dich mied:
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Des Lebens echten Schmerz und Ernst.
 
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Und doch! säng’ ich so zierlich fein
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Gelernten Schmerz, geles’ne Lust,
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Nicht spräng’ mir jedes kleine Lied
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Ein blutig Mäuslein aus der Brust.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Einem Dichterlein“

Autor
Ada Christen
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
88
Entstehungsjahr
1870
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht 'Einem Dichterlein' wurde von der österreichischen Dichterin Ada Christen verfasst, die von 1839 bis 1901 lebte und somit größtenteils im 19. Jahrhundert, der Epoche des Realismus und Naturalismus, tätig war.

Betrachtet man zunächst den ersten Eindruck, so scheint Ada Christen sich mit einem anderen Dichter auseinanderzusetzen, dessen Herangehensweise an die Dichtkunst sie kritisiert. Dieser erste Eindruck wird durch eine genaue Lektüre der vier Strophen bestätigt, wobei sich das lyrische Ich als eine Stimme präsentiert, die sich gegen die traditionellen, klischeehaften und oberflächlichen Ausdrucksformen der Poesie auflehnt.

Inhaltlich setzt sich das Gedicht kritisch mit der Dichtung eines namenlosen Kollegen auseinander. Dabei kritisiert die Sprecherin dessen oberflächliche und unrealistische Herangehensweise. Sie kritisiert, dass dieser Dichter von der Natur, von Liebe und Mondlicht singt, aber nur eine idealisierte Wirklichkeit beschreibt. Christen wirft dem Dichter vor, künstlich bemüht und gekünstelt zu dichten, ohne echtes Gefühl oder Engagement zu zeigen. Seine Tränen, sein Schmerz wirken für sie künstlich bezwungen. Sie wendet sich gegen diese gekünstelte Poesie, die die Realität der Welt ignoriert.

Die Form des Gedichts ist die eines vierstrophen Gedichts mit jeweils vier Versen pro Strophe und einem mit Reimen versehenen Versschema, in dem jeweils der zweite und vierte Vers einer jeden Strophe miteinander reimt. Dabei bedient sich Ada Christen einer direkten, klaren und leicht verständlichen Sprache, deren Ironie und Spott deutlich zum Ausdruck kommen und im scharfen Kontrast zur sentimental-verklärten Poesie des kritisierten Dichters steht.

Im Ganzen gesehen, ist das Gedicht 'Einem Dichterlein' somit als polemische Auseinandersetzung Ada Christens mit den aus ihrer Sicht unrealistischen und künstlichen Dichtungsweisen ihrer Zeit zu verstehen, denen sie eine realistische, authentische und engagierte Poesie entgegensetzt, die das wirkliche Leben in all seinen Facetten widerspiegelt.

Weitere Informationen

Ada Christen ist die Autorin des Gedichtes „Einem Dichterlein“. Geboren wurde Christen im Jahr 1839 in Wien. Das Gedicht ist im Jahr 1870 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Hamburg. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin vorgenommen werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 88 Worte. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Ada Christen sind „Allein!“, „Alte Feinde“ und „Altes Lied“. Zur Autorin des Gedichtes „Einem Dichterlein“ haben wir auf abi-pur.de weitere 81 Gedichte veröffentlicht.

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