Eine von den Alten von Rainer Maria Rilke

Paris

Abends manchmal (weißt du, wie das tut?)
wenn sie plötzlich stehn und rückwärts nicken
und ein Lächeln, wie aus lauter Flicken,
zeigen unter ihrem halben Hut.
 
Neben ihnen ist dann ein Gebäude,
endlos, und sie locken dich entlang
mit dem Rätsel ihrer Räude,
mit dem Hut, dem Umhang und dem Gang.
 
Mit der Hand, die hinten unterm Kragen
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heimlich wartet und verlangt nach dir:
11 
wie um deine Hände einzuschlagen
12 
in ein aufgehobenes Papier.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Eine von den Alten“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
73
Entstehungsjahr
1918
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Eine von den Alten“ wurde vom deutschen Dichter Rainer Maria Rilke verfasst, welcher von 1875 bis 1926 lebte. Damit lässt es sich zeitlich der Epoche des späten Symbolismus bzw. der beginnenden Moderne zuordnen.

Bereits beim ersten Lesen fällt auf, dass es Rilke um eine detaillierte, fast szenische Beschreibung einer alternden, womöglich obdachlosen, Frau geht. Stimmung und Atmosphäre des Gedichts vermitteln dabei eine gewisse Melancholie und Einsamkeit.

Inhaltlich scheint das lyrische Ich eine ältere Frau zu beobachten, deren äußerliche Erscheinung und Verhalten es sehr detailliert beschreibt. Sie erscheint am Abend, lächelt auf merkwürdige Art, scheint einsam und etwas verwahrlost. Das lyrische Ich scheint dabei gleichzeitig abgestoßen und fasziniert. Es wird vermutet, dass die alte Frau etwas verbirgt oder vermisst, symbolisiert durch ihre Hand, die unter ihrem Kragen verborgen ist und die vermutlich nach menschlicher Nähe und Wärme sucht.

Formal handelt es sich bei dem Gedicht um ein Dreistrophen-Gedicht mit jeweils vier Versen pro Strophe. Die Sprache ist geprägt von bildhaften und metaphorischen Beschreibungen, wie zum Beispiel „ein Lächeln, wie aus lauter Flicken“ oder „mit dem Rätsel ihrer Räude“. So wird auf poetische Weise ein klares Bild der alten Frau und ihrer melancholischen Einsamkeit gezeichnet, das beim Leser Emotionen und Reflexionen auslöst.

Die detaillierte Beobachtung, die starken Bilder und Metaphern und die melancholische Stimmung sind charakteristisch für Rilkes Dichtung und spiegeln seine Fähigkeit wider, tiefgehende psychologische und emotionale Zustände durch die genaue Beschreibung äußerer Erscheinungen darzustellen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Eine von den Alten“ des Autors Rainer Maria Rilke. Rilke wurde im Jahr 1875 in Prag geboren. Im Jahr 1918 ist das Gedicht entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 73 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Der Dichter Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Am Kirchhof zu Königsaal“, „Am Rande der Nacht“ und „An Julius Zeyer“. Zum Autor des Gedichtes „Eine von den Alten“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.

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