Eine schimmernde Atlasfläche von Marie Eugenie Delle Grazie
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Eine schimmernde Atlasfläche, liegt |
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Im Mittagssonnenbrande das Meer – |
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Hier – dort und fernhin tanzt |
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Auf schäumenden Wogenkämmen |
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Verstreuter Lichtfunken blitzende Goldsaat, |
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Und in den Malachitglanz |
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Der schaukelnden Fluthen taucht, |
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Eine badende Schönheit, das Lichtbild Neapels! |
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Wie dehnt und streckt |
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Und wiegt sie die blendenden Glieder, |
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Die Zauberin! Wie lacht es mit tausend Stimmen |
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Syrenenhaft-koquett aus ihrer Brust! |
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Verdrossen und zürnend lauert |
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Zu ihr herüber der finstere Vesuv: |
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Wie lang’ ach! und gern’ schon hätt’ er |
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In brünstiger Liebestollheit |
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Den Schooß der Holden umarmt, |
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Wie lang ach! und gern’ schon |
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Bewältigt ihre süße, feucht-frohe Schönheit! |
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Umsonst! Festschmiedete ihn |
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Ein grausam Geschick, und aus |
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Der Ferne nur darf er genießen, |
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Wonach ihm fiebernde Gier |
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Den Leib durchschauert.... |
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Sie aber – |
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Sie jauchzt! |
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Sie buhlt mit dem Himmel |
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Und kost mit dem Meer, |
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Und ihre Kinder klettern |
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An seinen Lenden empor |
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Und schau’n ihm in’s Herz, |
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In’s heiße, lava-blutende, |
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Und lachen seiner verschwendeten Gluthen |
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Mit ihrem Lachen: dem sonnig-hellen, |
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Dem meergott-heit’ren Lachen Neapels! |
Details zum Gedicht „Eine schimmernde Atlasfläche“
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162
1892
Realismus
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Eine schimmernde Atlasfläche“ und stammt von der österreichischen Autorin Marie Eugenie Delle Grazie, die in der zweiten Hälfte des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wirkte.
Schon beim ersten Lesen wird ein impressionistisches Bild erzeugt, das von dem Glanz und der Schönheit der natürlichen Landschaft Neapels dominiert wird. Die poetische Sprache und die reiche Symbolik erzeugen ein lebendiges und lebhaftes Bild, das die Sinne anregt. Die Stadt wird personifiziert und in den Mittelpunkt gestellt.
Das lyrische Ich beschreibt die Stadt Neapel als ein verführerisches und strahlendes Wesen, das im Sonnenlicht „badet“. Es strahlt Lebensfreude und Energie aus und wirkt gegenüber dem Vulkan Vesuv geradezu provozierend. Der Vulkan hingegen wird als leidenschaftlich, aber auch frustriert dargestellt, weil er die Nähe der Stadt begehrt, aber daran gehindert wird, seinem Verlangen nachzugehen.
In Bezug auf die Form fallen die unregelmäßigen Strophen auf - drei kürzere, gefolgt von einer besonders langen Strophe. Dies spiegelt möglicherweise die unruhigen Gefühle des lyrischen Ichs und die Dynamik der beschriebenen Szene wider. Die verwendete Sprache ist bildreich und ausschmückend. In der Tat spielen Metaphern und bildhafte Vergleiche eine zentrale Rolle in der Darstellung. Die personifizierte Stadt und der Vulkan werden durch erotische Motive und Ausdrücke miteinander in Beziehung gesetzt, was die angespannte Atmosphäre des Gedichts unterstreicht.
Insgesamt ist „Eine schimmernde Atlasfläche“ ein expressives und sinnliches Gedicht, das den Leser in die lebendige und pulsierende Atmosphäre Neapels hineinzieht und die intensive, aber unerfüllbare Beziehung zwischen der Stadt und dem Vesuv intuitiv vermittelt. Es veranschaulicht die Fähigkeit der Dichtung, kraftvolle und anschauliche Bilder zu erzeugen und Atmosphären und Stimmungen einzufangen.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Eine schimmernde Atlasfläche“ der Autorin Marie Eugenie Delle Grazie. Delle Grazie wurde im Jahr 1864 in Weißkirchen (Bela Crkva) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1892 zurück. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin vorgenommen werden. Die Schriftstellerin Delle Grazie ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das 162 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 35 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Marie Eugenie Delle Grazie sind „Abschied“, „Addio“ und „Addio a Capri“. Zur Autorin des Gedichtes „Eine schimmernde Atlasfläche“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 71 Gedichte vor.
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