Das Gedicht von Novalis

Himmlisches Leben im blauen Gewande,
stiller Wunsch im blassen Schein ?
flüchtig gräbt im bunten Sande
sie den Zug des Namens ein ?
Unter hohen, festen Bogen,
nur von Lampenlicht erhellt,
liegt, seitdem der Geist verflogen,
nur das Heiligste der Welt.
Leise kündet beßre Tage
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ein verlornes Blatt uns an,
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und wir sehn der alten Sage
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mächtige Augen aufgetan.
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Naht euch stumm dem ernsten Chore,
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harrt auf seinen Flügelschlag
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und vernehmt herab vom Chore,
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wo weissagend der Marmor lag:
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Flüchtiges Leben und lichte Gestalten
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füllen die weite, leere Nacht,
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nur von Schmerzen aufgehalten
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wurden unendliche Zeiten verbracht ?
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Liebe brachte gefüllte Becher,
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also perlt in Blumen der Geist,
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ewig trinken die kindlichen Zecher,
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bis der geheiligte Teppich zerreißt.
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Fort durch unabsehliche Reiche
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schwanden die bunten, rauschenden Wagen,
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endlich von farbigen Käfern getragen
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kam die Blumenfürstin allein,
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Schleier, wie Wolken, zogen
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von der blendenden Stirn zu den Füßen —
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wir fielen nieder, sie zu grüßen ?
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wir weinten bald ? sie war entflogen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25 KB)

Details zum Gedicht „Das Gedicht“

Autor
Novalis
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
157
Entstehungsjahr
1772 - 1801
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Das Gedicht“ ist Novalis. Novalis wurde im Jahr 1772 geboren. Zwischen den Jahren 1788 und 1801 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Novalis ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis tief in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte umfangreiche Auswirkungen auf Literatur, Kunst, Musik und Philosophie jener Zeit. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Welt, die sich durch die einsetzende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen aufzuführen. Wichtige Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 157 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 32 Versen. Weitere Werke des Dichters Novalis sind „Lied des Einsiedlers“, „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren“ und „Bergmannslied“. Zum Autor des Gedichtes „Das Gedicht“ haben wir auf abi-pur.de weitere 14 Gedichte veröffentlicht.

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