Eine Erfindung machen von Joachim Ringelnatz

Wer was erfindet, wird furchtbar reich.
Was man erfindet, ist ganz gleich.
Wenn man nur allerlei Dinge zusammenmischt,
Noch länger, als bis es zischt, und das Richtige rausfischt,
Dann wird man in wenigen Stunden
Berühmt oder macht Gold.
Ich hab auch schon mal was zur Hälfte erfunden,
Aber Wolfgang, mein Bruder wollte nicht mehr. —
Wenn ihr das etwa fertig erfinden wollt,
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Will ich’s euch sagen. Aber es ist sehr, furchtbar sehr schwer.
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Das allerwichtigste ist die teure
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Furchtbar gefährliche Salzsäure.
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Entweder findet ihr die im Klosett
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Hoch oben auf einem Brett.
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Oder ihr müßt euch unter das Dienstmädchen stecken.
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Dürft aber ja nicht dran lecken.
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Erst legt ihr einen Goldfisch oder anderen Fisch —
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Es kann auch ein Rollmops sein —
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Nicht etwa auf den Tisch,
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Sondern: Auf Elfenbein.
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Und zwar auf die weißen Tasten von dem Klavier.
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Müßt aber die Fische vorher mit Bier
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Und Zahnpulver kneten,
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Und auch erst tot treten,
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Damit sie auch liegen bleiben.
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Nun müßt ihr Seife, dann Zwiebel drüber reiben.
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Dann müßt ihr Pfennige, Nachtleuchterstücken
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Und anderes Kupfer tief in die Fische drücken,
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Und nun darüber langsam die Salzsäure träufeln.
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Dann holt ihr schnell eine Schaufel (eigentlich zwei Schäufeln)
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Voll glühender Kohlen.
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Wolfgang ließ mich damals die zweite Schaufel nicht holen.
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Der dumme Ochse ist ja zu unverschämt.
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Aber ihr müßt das zu Ende bringen.
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Wenn ihr noch Soda und Wachs und sowas zu nehmt,
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Dann wird’s schon gelingen.
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Und wenn eure Eltern was wollen,
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— — — —
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Dann müßt ihr zum Trotz in die glühenden Kohlen fassen.
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Und sagt nur ganz barsch: Sie sollen
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Sich lieber recht bald begraben lassen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „Eine Erfindung machen“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
42
Anzahl Wörter
264
Entstehungsjahr
1924
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des hier besprochenen Gedichtes ist Joachim Ringelnatz. Ringelnatz lebte von 1883 bis 1934, daher ist es wahrscheinlich, dass dieses Gedicht in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschrieben wurde.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht humorvoll und schelmisch, beinahe derb. Es erzählt von einer großartigen „Erfindung“, den Anforderungen und Schwierigkeiten, sie zu realisieren, und den möglichen Konsequenzen und Belohnungen.

Inhaltlich ist das lyrische Ich, sehr wahrscheinlich Ringelnatz selbst, bestrebt, den Prozess einer imaginären „Erfindung“ zu vermitteln - eine Erfindung, die mit Witz und Humor grotesk dargestellt wird. Es handelt sich um eine Parodie auf den ständigen Drang des Menschen, Dinge erfinden zu müssen, um Reichtum und Ruhm zu erlangen. Obwohl die vorgeschlagene „Erfindung“ absurd ist, besteht das lyrische Ich darauf, dass sie den Erfinder reich machen könnte - ein augenzwinkernder Hinweis auf den hohen Wert, den die Gesellschaft auf Erfindungen und wissenschaftlichen Fortschritt legt.

Formal besteht das Gedicht aus 42 Versen, ohne ein bestimmtes Reimschema zu befolgen. Dies und die umgangssprachliche Sprache sorgen für einen lockeren, ungezwungenen und humorvollen Ton.

Die Sprache ist einfach und bildhaft, voller komischer Vergleiche und absurden Vorschlägen. Sie vermittelt ein Bild des kreativen Chaos, das oft den Erfindungsprozess kennzeichnet, aber auch die Scheinbarkeit und Absurdität des vorgestellten Experimentes. Ironie ist ein dominantes Stilmittel im Gedicht: der Missachtung von Gefahr, die Verhöhnung des Bruders und der respektlose Rat an die Eltern am Ende des Gedichtes unterstreichen die humorvoll-satirische Absicht des Autors.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Eine Erfindung machen“. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. 1924 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Potsdam. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 264 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 42 Versen. Der Dichter Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Alone“, „Alte Winkelmauer“ und „Alter Mann spricht junges Mädchen an“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Eine Erfindung machen“ weitere 560 Gedichte vor.

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