Ein letztes Ende von Frank Wedekind

Darf ich dir Glauben schenken, goldner Strahl
Erneuter Hoffnung, lichte Himmelsspende?
Nahst du, ein Gnadenengel meiner Qual?
Bist du ein Trugbild, wie so manches Mal?
Verkündest lächelnd du ein letztes Ende?
 
Ein letztes Ende! – meine Wimper sinkt,
Und Dunst und Nebel seh’ ich still zerrinnen.
Ein süß Geflüster mir zum Ohre dringt,
Des langen Winters letzte Spuren trinkt
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Ein warmer milder Sonnenblick von hinnen.
 
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Lenzfrohe Schauer wehn durch Wald und Feld,
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Am Friedhoftor die ersten Veilchen sprießen,
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Dort, wo ein schwarzbehangner Wagen hält
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Mit einem Wandrer, der mit Gott und Welt
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Versöhnt die müden Augen durfte schließen.
 
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Den Pastor hör’ ich, fromm und wohlbeleibt,
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Dem Hingeschiednen Komplimente lallen:
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Er lebte unbescholten, unbeweibt –
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Der Totengräber, etwas angekneipt,
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Läßt seine Schaufel in die Grube fallen.
 
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Gottlob, ich bin schon tot! Der Deckel kracht,
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Ich habe mich nicht weiter drum zu kümmern.
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Ich schlummre sanft. Gut’ Nacht denn, gute Nacht!
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Die bösen Geister sind zu Ruh’ gebracht;
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So geh’ nun die Behausung auch zu Trümmern!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Ein letztes Ende“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
162
Entstehungsjahr
1905
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor dieses Gedichts ist Frank Wedekind, der zwischen den Jahren 1864 und 1918 lebte. Das Gedicht entstammt also dem späten 19. und dem frühen 20. Jahrhundert und ist somit der Epoche des Naturalismus und des beginnenden Expressionismus zuzuordnen.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht melancholisch und gleichzeitig hoffnungsvoll, weil es sowohl Themen wie Trauer und Ende, als auch Anfänge und Erneuerung behandelt.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um das Ende des Lebens und um den Tod, welcher jedoch eher als eine Art Erneuerung und Erlösung denn als Ende betrachtet wird. Das lyrische Ich scheint sich dem Tod zu nähern, und dies wird durch die Beobachtung der Welt und der Menschen um ihn herum symbolisch dargestell. Er sinniert über die Flüchtigkeit des Lebens und wird sich der eigenen Sterblichkeit bewusst. Trotz dieser düsteren Aussichten, gelingt es dem lyrischen Ich jedoch auch, Hoffnung und lichte Momente im Angesicht des Todes zu sehen.

Die Sprache des Gedichts ist teils metaphernreich und symbolisch, teils direkt und unverschnörkelt. Wedekind nutzt hier Kontraste zwischen dunklen und hellen Bildern, zwischen der Natursymbolik und der Welt der Menschen. Auf der formalen Ebene hat der Autor sich für eine klassische Struktur entschieden. Das Gedicht besteht aus fünf Strophen mit je fünf Versen, die einen klaren Rhythmus und Reimschema haben.

Das Gedicht vermittelt letztlich die Botschaft, dass der Tod ein natürlicher Teil des Lebens ist – traurig, aber auch nicht ohne Hoffnung. Es könnte auch als eine memento mori Dichtung interpretiert werden, also als eine Erinnerung an die Vergänglichkeit des Lebens und die Unausweichlichkeit des Todes. Dabei zeigt der Autor aber auch, dass jeder Tod ein neuer Anfang sein kann, dass mit dem Ende nicht alles vorbei ist, sondern etwas Neues beginnen kann.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Ein letztes Ende“ des Autors Frank Wedekind. 1864 wurde Wedekind in Hannover geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1905 entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Bei Wedekind handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 162 Worte. Weitere Werke des Dichters Frank Wedekind sind „An Bruno“, „An Elka“ und „An Francisca de Warens“. Zum Autor des Gedichtes „Ein letztes Ende“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 114 Gedichte vor.

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