Ein ehemaliger Matrose fliegt von Joachim Ringelnatz

Ich bin einst in Seemannsjahren
Oft elbauf, elbab gefahren.
Auf der Seite, wo wir dann Stadt Altona
Sichteten, stand ich an Deck und sah.
 
Sah ein Haus. Vom Schornsteinruß geschminkt
Kiekt es luftig nach der Elbe hin.
Und ich wußte: Meta wohnt darin.
Wenn ich dort vorbeigefahren bin,
Hat sie mir und hab ich ihr gewinkt.
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Ein Signal „Ich liebe dich“.
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Und ich sah sie, und sie auch sah mich.
 
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Heute flog ich über das vertraute
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Altona. Hab nicht das Haus entdeckt.
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Doch ich hab die Hand hinausgestreckt,
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Hab gewinkt, wie ich es einst getan.
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Und ich wußte: Meta schaute,
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Winkte auf nach meinem Wolkenkahn
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Oder, wie sie`s nennen, „Aeroplan“.
 
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Wenn man sich auch sonst von nah,
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Teufel eins, viel lieber sah,
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Dacht ich doch verliebt und bang
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Oben dort im Wolkenhang:
 
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Wenn ich jetzt hinunterstürze,
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Fängt mich Meta in der Schürze
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Auf.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Ein ehemaliger Matrose fliegt“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
144
Entstehungsjahr
1933
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts „Ein ehemaliger Matrose fliegt“ ist Joachim Ringelnatz, ein deutscher Kabarettist und Schriftsteller, der im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, genauer gesagt zwischen 1883 und 1934, lebte. Das Gedicht befindet sich daher im Kontext der literarischen Moderne, einer Zeit großer gesellschaftlicher Umbrüche und technischer Innovationen.

Beim ersten Lesen scheint das Gedicht eine bescheidene Erzählung zu sein, die die charmante Erinnerung eines ehemaligen Seemanns an seine Tage auf dem Meer und eine romantische Bindung, die er während dieser Zeit hatte, festhält. Die nostalgische und herzerwärmende Atmosphäre des Gedichts hinterlässt einen positiven Eindruck.

In Bezug auf den Inhalt erzählt das Gedicht die Geschichte des Ich-Erzählers, eines ehemaligen Matrosen, der nun nicht mehr auf Schiffen, sondern mit dem Flugzeug reist. Er erinnert sich, wie er in seinen Seemannsjahren immer wieder an einem bestimmten Haus vorbeifuhr, in dem eine Frau namens Meta wohnte. Sie winkten einander jedes Mal zu, ein Zeichen ihrer gegenseitigen Zuneigung. Jetzt, als er im Flugzeug über dem Haus fliegt, winkt er, obwohl er das Haus nicht sieht, in der Hoffnung, dass Meta ihn immer noch sehen und erwidern kann.

Sprachlich ist das Gedicht in einfacher, verständlicher Sprache verfasst, welche die Direktheit und Ehrlichkeit des lyrischen Ichs widerspiegelt. Die Form des Gedichts ist nicht klassisch, sondern folgt einem eher freien Versmaß, was einen modernen, ungezwungenen Ton schafft. Dies passt gut zur Modernität des Themas, dem Wechsel von der Schifffahrt zur Fliegerei, und unterstreicht die Individualität und Eigenständigkeit des lyrischen Ichs.

Insgesamt ist das Gedicht eine bewegende Darstellung von nostalgischer Romantik, von der Anpassung an Veränderung und vom Bestreben, trotz der physischen Entfernung und der Veränderung der Umstände eine emotionale Verbindung aufrechtzuerhalten. Es zeigt auch, wie das lyrisische Ich die Vergangenheit und die Gegenwart verknüpft, sowohl durch die Erinnerung als auch durch die Aufrechterhaltung von traditionellen Ritualen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Ein ehemaliger Matrose fliegt“ ist Joachim Ringelnatz. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. 1933 ist das Gedicht entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 144 Worte. Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abgesehen von der Profitlüge“, „Abglanz“ und „Abschied von Renée“. Zum Autor des Gedichtes „Ein ehemaliger Matrose fliegt“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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