Eherne Maiglocken von Rudolf Lavant

Wir fordern nicht bloß den Achtstundentag,
der kommen wird, wann er auch kommen mag,
ob willig nun, ob murrend nur beschieden:
Von Millionen rollt am Ersten Mai
empor zum Himmel der Erlösungsschrei
nach Völkerfreiheit und nach Völkerfrieden.
 
Ein Bild des Wahnsinns bietet sich uns jetzt:
Ein Volk aufs andere rücksichtslos gehetzt,
Erdteil auf Erdteil, Rasse wider Rasse.
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Vergessen ist, was einigt und versöhnt,
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Und an der Wende des Jahrhunderts frönt
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der Herrschsucht man, der Habgier und dem Hasse.
 
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Und dabei rufen sie – es klingt wie Spott! –
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Allah und Wischnu und den Christengott
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inbrünstig an mit jedem Tag der Weihe,
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daß er entsende seiner Engel Schwarm,
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daß er den starken, den Zerschmettrerarm
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dem blutgen Siege und der Plündrung leihe!
 
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Solang sich diesem grauenhaften Bann
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die Menschheit nicht entschwinden will noch kann,
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sind wir ein Haufe von Verbrechergilden,
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von zügellosen Räuberbanden nur;
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wir haben keinen Anspruch auf Kultur,
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und besser sind und höher stehn die Wilden.
 
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So kann’s nicht bleiben, doch von wannen kommt
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die Hilfe einst, die Rettung, die uns frommt,
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wer bricht den Bann der Habgier und des Bösen?
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Das Volk allein, das alle Opfer bringt,
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das Volk allein, das blutet, darbt und ringt,
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wird von dem finster Unsinn uns erlösen.
 
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Wenn erst das Volk, das ihr so lange zwangt,
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zum Vollbewußtsein seiner Kraft gelangt
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und seiner Sendung – wer will widerstehen?
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Laut wird die Tiefe, die so lange schwieg,
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wir aber wollen diesen Zukunftssieg
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im voraus schon am Ersten Mai begehen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Eherne Maiglocken“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
242
Entstehungsjahr
nach 1860
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Eherne Maiglocken“ wurde von Rudolf Lavant, bürgerlichem Namen Hermann von Schüchner, geschrieben, einem österreichischen Schriftsteller, der von 1844 bis 1915 lebte. Der Schreibstil und Inhalt des Gedichtes deutet darauf hin, dass es wahrscheinlich am Ende des 19. oder Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden ist.

Beim ersten Eindruck fällt auf, dass das Gedicht politisch aufgeladen ist und gesellschaftliche Zustände kritisiert. Es scheint eine starke Botschaft gegen Ausbeutung, Krieg und Ungerechtigkeit zu enthalten und für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit einzutreten.

Das Gedicht behandelt das Thema der Arbeiterrechte, Krieg und Ausbeutung. Das lyrische Ich spricht die Ungerechtigkeit und Grausamkeit an, die Menschen erleben, und ruft zum Kampf für Freiheit und Frieden auf. Es argumentiert, dass nur das Volk, das leidet und kämpft, die Macht hat, diese Ungerechtigkeiten zu beenden und eine bessere Welt zu schaffen.

Die Form des Gedichts ist eine anspruchsvolle Dichtungsform: Jede Strophe hat sechs Verse, was auf eine sehr strukturierte und disziplinierte Herangehensweise des Autors an sein Thema hindeutet. Auch bemerkenswert ist die Verwendung von Reimen, die den flüssigen Lesefluss und den rhythmischen Charakter des Gedichts hervorheben.

Die Sprache des Gedichts ist sehr stark und emotional geladen, mit Worten wie „Erlösungsschrei“, „Wahn“, „Habgier“ und „Hass“. Diese Wortwahl drückt die Stärke und Dringlichkeit der Botschaft des lyrischen Ichs aus und mobilisiert die Leser.

Zusammenfassend ist „Eherne Maiglocken“ ein leidenschaftliches politisches Gedicht, das auf die Missstände der damaligen Zeit aufmerksam macht und zum Widerstand gegen Ungerechtigkeit und für sozialen Wandel aufruft.

Weitere Informationen

Rudolf Lavant ist der Autor des Gedichtes „Eherne Maiglocken“. 1844 wurde Lavant in Leipzig geboren. In der Zeit von 1860 bis 1915 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus oder Avantgarde / Dadaismus zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 242 Worte. Weitere Werke des Dichters Rudolf Lavant sind „An die Frauen“, „An die alte Raketenkiste“ und „An unsere Feinde“. Zum Autor des Gedichtes „Eherne Maiglocken“ haben wir auf abi-pur.de weitere 96 Gedichte veröffentlicht.

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