Ehe du Schuhe kaufst von Joachim Ringelnatz

Dein Schuh wird dich hassen,
Wenn du ihn nicht liebst,
Keiner kann sich dir anpassen,
Dem du keine Achtung gibst.
 
Was du trägst, soll auch dich tragen.
Bedenke, bevor du wählst, —
Sei es einen Schuh — daß du
Sozusagen
Dich mit ihm vermählst.
 
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Achte, daß ihm weder Sohle noch Seele,
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Nicht Qualität noch Charakter fehle. —
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Jeder Schuh hat ein Gesicht.
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Jeder Schuh spricht.
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Adel, Güte, Schönheit — alle Gaben
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Kann ein Schuh haben.
 
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Kann ein Kinderschuh an sich
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Schon so rührend sein. — Auch Leder lenkt das Leben.
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Aber du mußt wissen, mit wem du dich
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Willst umgeben!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Ehe du Schuhe kaufst“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
95
Entstehungsjahr
1932
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Ehe du Schuhe kaufst“ stammt von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten, der von 1883 bis 1934 lebte. Damit ist das Werk vermutlich im Kontext der Weimarer Republik oder früher zu sehen.

Auf den ersten Eindruck scheint das Gedicht einem eher ungewöhnlichen Thema - dem Kauf von Schuhen - gewidmet zu sein. Dennoch macht es deutlich, dass auch solche Entscheidungen mit Bedacht und Wertschätzung getroffen werden sollten.

Das lyrische Ich spricht davon, dass ein Schuh geliebt und geachtet werden muss, um gut zu funktionieren und dem Träger anzupassen. Es wird darauf hingewiesen, dass man sich durch das Tragen eines Schuhs metaphorisch mit ihm „vermählt“, was zeigt, dass die Wahl eines Schuhs eine sorgfältige Entscheidung erfordert. Der Schuh selbst wird personifiziert; ihm wird Qualität, Charakter und sogar eine Seele zugeschrieben. So werden Schuhe zu etwas mehr als nur alltäglichen Gebrauchsgegenständen - sie können Adel, Güte und Schönheit verkörpern und ein bewegendes Gesicht haben, vor allem Kinderschuhe.

Sprachlich sind die Verse relativ schlicht gehalten, mit klarer, alltäglicher Wortwahl. Die syntaktische Struktur bleibt durchgehend einfach und klar, was zur leichten Verständlichkeit des Gedichts beiträgt. Die Strophenlänge sowie die Verslänge variieren, was den freien rhythmischen Fluss des Gedichts unterstützt. Die Verwendung der Personifikation und Metaphorik zeigt Ringelnatz' Fähigkeit, alltäglichen Gegenständen eine größere Bedeutung zu verleihen und sie in einem anderen Licht darzustellen.

Formal ist das Gedicht in vier Strophen mit inkonstanter Versanzahl unterteilt, was es weniger formelhaft und vorhersehbar macht. Das Fehlen eines Reimschemas betont ebenfalls die Freiheit und Offenheit der Struktur.

In seiner Gesamtheit kann das Gedicht als eine metaphorische Reflexion über die Bedeutung von Wertschätzung und sorgfältiger Wahl in jedem Aspekt des Lebens gesehen werden, und nicht nur in Bezug auf die scheinbar trivialen, alltäglichen Dinge wie Schuhe. Das lyrische Ich bringt die Botschaft rüber, dass man sich bewusst sein muss, mit wem oder was man sich umgeben möchte.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Ehe du Schuhe kaufst“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Im Jahr 1932 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 19 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 95 Worte. Die Gedichte „Abglanz“, „Abschied von Renée“ und „Abschiedsworte an Pellka“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Zum Autor des Gedichtes „Ehe du Schuhe kaufst“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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