An Fanny von Jakob Friedrich von Abel
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Mit müdem Schritte steigt vom fernen Hügel |
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Einsam die Nacht, |
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Und schwingt um mich die sorgenschwere Flügel |
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In ernster Pracht; |
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Schwermütig hängt ihr schwarzer düstrer Schleyer |
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Schon über mir, |
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Kaum bricht ein zitternd todenblasses Feuer |
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Vom Mond herfür. |
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Im tiefen Schatten schlummern eingehüllet |
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Berg, Thal und Flur |
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Und grauenvolle Todtenstille füllet |
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Bang die Natur. |
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Nur weichgeschaffne sanftempörte Herzen, |
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Voll theurer Quaal, |
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Beseufzen jezt des jungen Lebens Schmerzen |
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Am Mondenstral. |
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Jezt irrst du, Trautester, mit bangem Sehnen |
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Im Todtenhaus, |
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An Julchens Grab und hauchst in tausend Thränen |
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Die Seele aus. |
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Du eilest junge Rosen abzupflüken |
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Vom heil’gen Grab, |
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Und blätterst sie mit traurigem Entzüken |
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Zu ihr hinab. |
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In dieser Nacht saß Stella (Thränen trübten |
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Den schönen Blik) |
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Und rufte laut den fliehenden Geliebten |
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Vom Meer zurük. |
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Nun weinet einsam in verschloßnen Mauern, |
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Am Lampenlicht, |
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Das heil’ge Mädchen, dem vom stillen Trauern |
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Die Seele bricht. |
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Ihr Busen brennt von zärtlichem Verlangen, |
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Ihr schmachtend Herz |
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Verzehret sich, schon sterben ihre Wangen |
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Vom ewgen Schmerz. |
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So welkt die Rose in dem fernen Thale |
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Früh abgeknikt, |
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Eh sie, gelokt vom milden Frühlingsstrale, |
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Die Hirtinn pflükt. |
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O Mädchen, die voll unschuldsvoller Triebe |
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Das Laster höhnt, |
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Und sich nach edlen Freuden reiner Liebe |
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Unwissend sehnt. |
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O Du, die stets geheimen ernsten Kummer, |
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Im Busen nährt, |
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Du, deren Klagen oft in tiefstem Schlummer |
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Die Nacht gehört, |
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Wer Du auch bist, Du bist für mich geboren |
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Uns unerkannt |
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Hat Dir mein Herz, hat mir Dein Herz geschworen |
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Zum süsen Band. |
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Längst, längst, o Du Geliebteste von allen! |
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Fleh ich nach Dir, |
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Und alle Seufzer dieses Herzens wallen |
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Entgegen Dir. |
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Ein Engel lisple, schlummerst Du auf Rosen |
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In holder Ruh, |
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Dir meinen Namen, und mir Ruhelosen |
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Den Deinen zu. |
Details zum Gedicht „An Fanny“
Jakob Friedrich von Abel
15
60
281
1782
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „An Fanny“ wurde von Jakob Friedrich von Abel verfasst, der von 1751 bis 1829 lebte. Es fällt somit in die Epoche der Aufklärung beziehungsweise der frühen Romantik.
Der erste Eindruck des Gedichts ist hauptsächlich durch seine düsteren, melancholischen und leidenschaftlichen Töne gekennzeichnet. Dabei folgt es dem klassischen Muster der Lyrik, die unerfüllte oder verlorene Liebe zu thematisieren.
Das lyrische Ich beginnt das Gedicht mit einer Beschreibung einer ruhigen, einsamen Nacht und setzt diese Atmosphäre in allen folgenden Strophen fort. Es ist klar, dass das Ich in einer Art Trauer oder tiefem Kummer versunken ist, der offenbar mit einer Verehrten oder verflossenen Liebe namens Fanny zusammenhängt. In den späteren Strophen wird Fanny selbst als trauernde Figur dargestellt, die in der Einsamkeit weint und ihr Herz vor Verlangen und Schmerz bricht.
Hinsichtlich der Form und Sprache des Gedichts fällt zunächst die strenge Form auf: Jede der fünfzehn Strophen besteht aus vier Versen, was eine klare und geordnete Struktur bietet. Die Sprache ist hochtrabend und mit Bildern und Metaphern angereichert, die typisch für die Romantik sind. So werden der Zustand der Natur und insbesondere der Nacht als Spiegel des inneren Zustands des lyrischen Ichs dargestellt, und die Liebe zu Fanny wird anhand von Naturbildern wie Rosen und dem Mond dargestellt. Somit zeigt das Gedicht eine hohe Komplexität und Tiefe, sowohl inhaltlich als auch auf formaler und sprachlicher Ebene.
Zusammengefasst kann man sagen, dass das Gedicht „An Fanny“ eine klassische romantische Dichtung ist, die die unerfüllte oder verlorene Liebe als zentrales Thema behandelt und sowohl durch ihre intensive Sprache als auch durch ihre ausgeprägte Form besticht.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „An Fanny“ ist Jakob Friedrich von Abel. Abel wurde im Jahr 1751 in Vaihingen an der Enz geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1782 zurück. Der Erscheinungsort ist Stuttgart. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit oder Sturm & Drang zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 281 Wörter. Es baut sich aus 15 Strophen auf und besteht aus 60 Versen. Weitere Werke des Dichters Jakob Friedrich von Abel sind „An Gott“, „An mein Täubchen“ und „Fluch eines Eifersüchtigen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Fanny“ keine weiteren Gedichte vor.
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