Auf den Tod von Otto von Pirch von Adelbert von Chamisso

Wen birgt da unten tief die schwarze Truhe
Die von dem Fall der Erde dumpf erschallt?
Sagt, welchen Müden legt ihr da zur Ruhe?
Von Pirch. - Ihr lügt! gar lebensfreudig wallt,
Ich sah ihn gestern noch im Tagesscheine,
Die kräft'ge, jugendstrahlende Gestalt
Da liegt er bleich und kalt im engen Schreine.
Er sollt es sein?? - Er ist's, den wir begraben.
Der Edle, Tapfre, Weise, Fromme, Reine!
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Er, welchen schmückten alle höhern Gaben,
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Den wir ein Muster aller Tüchtigkeit
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Geehrt vor allen und geliebet haben.
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Er, den in dieser dünkelhaften Zeit
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Der Reiz der Demut zierte wunderbar,
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Dem Bessern stets zu huldigen bereit.
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Der wie ein Held, der wie ein Kind auch war,
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Der.... O mein Pirch! du bist dahin gegangen,
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Ich aber schüttle noch mein greises Haar.
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Dein klares Aug und deine frischen Wangen,
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Dein Bild wird, der Vergänglichkeit entrafft,
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Stets jugendhell vor meiner Seele prangen.
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Das Alter aber zehrt an meiner Kraft,
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Der Lenz erweckt in mir den alten nicht,
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Da prüf ich mich, da fühl ich mich erschlafft.
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Es zieht ein Nebelflor vor mein Gesicht,
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Von meinem Ohr entfernen sich die Töne;
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Ich merke, wie der Bau zusammenbricht.
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Dich nahm der Tod in deiner vollen Schöne,
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Du fühltest nicht dich sterben Stück für Stück,
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Wie andre morsch gewordne Menschensöhne.
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Dir war das Leben Hoffnung nur und Glück,
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Enttäuschung hat es nimmer dir vergällt;
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Wir aber rufen schmerzlich dich zurück.
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Denn alt geworden ist um uns die Welt,
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Es gleicht, was noch besteht, dem letzten Traum
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Zur Stunde, wo der Osten sich erhellt.
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Es tragen sich die morschen Pfeiler kaum,
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Der Boden wankt, der Glauben ist verloren,
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Tiar'- und Kronengold ist eitel Schaum.
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Dem Alten ist der Untergang geschworen,
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Verwesung greift um sich, die Stoffe gären,
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Im Schmerze wird die neue Zeit geboren;
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Sie wird nach Männern so wie du, begehren.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Auf den Tod von Otto von Pirch“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
43
Anzahl Wörter
304
Entstehungsjahr
1781 - 1838
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Auf den Tod von Otto von Pirch“ des Autors Adelbert von Chamisso. Geboren wurde Chamisso im Jahr 1781 . Zwischen den Jahren 1797 und 1838 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Der Schriftsteller Chamisso ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Romantik kann in drei Phasen aufgegliedert werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die damalige Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Verklärung des Mittelalters, die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen aufzuführen. Bedeutende Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das Gedicht besteht aus 43 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 304 Worte. Der Dichter Adelbert von Chamisso ist auch der Autor für Gedichte wie „Zweites Lied von der alten Waschfrau“, „Die alte Waschfrau“ und „Der alte Müller“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Auf den Tod von Otto von Pirch“ weitere 146 Gedichte vor.

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