Duldsam von Wilhelm Busch

Des Morgens früh, sobald ich mir
Mein Pfeifchen angezündet,
Geh ich hinaus zur Hintertür,
Die in den Garten mündet.
 
Besonders gern betracht ich dann
Die Rosen, die so niedlich;
Die Blattlaus sitzt und saugt daran
So grün, so still, so friedlich.
 
Und doch wird sie, so still sie ist,
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Der Grausamkeit zur Beute;
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Der Schwebefliegen Larve frißt
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Sie auf bis auf die Häute.
 
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Schluppwespchen flink und klimperklein,
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So sehr die Laus sich sträube,
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Sie legen doch ihr Ei hinein
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Noch bei lebendgem Leibe.
 
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Sie aber sorgt nicht nur mit Fleiß
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Durch Eier für Vermehrung,
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Sie kriegt auch Junge hundertweis
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Als weitere Bescherung.
 
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Sie nährt sich an dem jungen Schaft
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Der Rosen, eh sie welken;
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Ameisen kommen, ihr den Saft
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Sanft streichelnd abzumelken.
 
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So seh ich in Betriebsamkeit
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Das hübsche Ungeziefer
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Und rauche während dieser Zeit
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Mein Pfeifchen tief und tiefer.
 
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Daß keine Rose ohne Dorn,
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Bringt mich nicht aus dem Häuschen.
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Auch sag ich ohne jeden Zorn:
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Kein Röslein ohne Läuschen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Duldsam“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
161
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Duldsam“ stammt von Wilhelm Busch, einem bekannten deutschen Dichter und Zeichner, der im 19. Jahrhundert lebte. Der Titel „Duldsam“ könnte auf eine ruhige, geduldige oder tolerante Haltung des lyrischen Ichs hindeuten.

Beim ersten Lesen erzeugt das Gedicht einen entspannten Eindruck, der sich durch die gesamte Lesung des Gedichts zieht. Es scheint sich um eine Darstellung eines alltäglichen, ruhigen Moments im Leben des lyrischen Ichs zu handeln.

Das Gedicht beschreibt eine Morgenroutine, bei der das lyrische Ich seine Pfeife anzündet und in seinen Garten hinausgeht. Die Aufmerksamkeit des Ichs richtet sich dabei auf Rosen und die Blattläuse, die an diesen nähren. Obwohl die Blattläuse als Schädlinge angesehen werden könnten, äußert das lyrische Ich keine Ablehnung oder Wut gegen sie. Vielmehr scheint es fasziniert von der Lebensweise der Blattläuse und dem ökologischen Kreislauf in seinem Garten, in dem auch andere Insekten ihre Rollen spielen.

Die Form des Gedichts ist streng strukturiert, jede der acht Strophen besteht aus vier Versen und das Reimschema ist durchgehend AABB. Dies gibt dem Gedicht einen gleichmäßigen, ruhigen Rhythmus und verstärkt den entspannten, duldsamen Charakter des lyrischen Ichs.

Die Sprache des Gedichts ist klar und unkompliziert, ohne übermäßige Metaphern oder komplexe Wortspiele. Die genaue, fast wissenschaftliche Beschreibung der Interaktion zwischen Blattläusen, Schwebefliegen, Schlupfwespen und Rosen sowie die beiläufige Erwähnung des Pfeiferauchens des lyrischen Ichs erzeugen ein Bild eines stillen Beobachters, der die Natur in ihrer Komplexität und Schönheit respektiert und schätzt.

Insgesamt vermittelt das Gedicht „Duldsam“ eine Botschaft der Akzeptanz und des Respekts gegenüber der Natur in all ihren Facetten, einschließlich der Aspekte, die von manchen als unangenehm oder unerwünscht betrachtet werden könnten. Es lädt die Leserinnen und Leser dazu ein, im Einklang mit der Welt um sie herum zu leben und die Schönheit in jedem Moment und jeder Situation zu erkennen. Es ist die Betrachtung des alltäglichen Lebens aus der meditativen und gelassenen Perspektive von Wilhelm Busch.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Duldsam“ des Autors Wilhelm Busch. Der Autor Wilhelm Busch wurde 1832 in Wiedensahl geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1848 und 1908. Der Erscheinungsort ist Wiesbaden u. Berlin. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 161 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Wilhelm Busch sind „Als Christus der Herr in Garten ging“, „Als er noch krause Locken trug“ und „Also hat es dir gefallen“. Zum Autor des Gedichtes „Duldsam“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 208 Gedichte vor.

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