Drei Blicke in einen Opal von Georg Trakl

Blick in Opal: ein Dorf umkränzt von dürrem Wein,
Der Stille grauer Wolken, gelber Felsenhügel
Und abendlicher Quellen Kühle: Zwillingsspiegel
Umrahmt von Schatten und von schleimigem Gestein.
 
Des Herbstes Weg und Kreuze gehn in Abend ein,
Singende Pilger und die blutbefleckten Linnen.
Des Einsamen Gestalt kehrt also sich nach innen
Und geht, ein bleicher Engel, durch den leeren Hain.
 
Aus Schwarzem bläst der Föhn. Mit Satyrn im Verein
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Sind schlanke Weiblein; Mönche der Wollust bleiche Priester,
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Ihr Wahnsinn schmückt mit Lilien sich schön und düster
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Und hebt die Hände auf zu Gottes goldenem Schrein.
 
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2.
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Der ihn befeuchtet, rosig hängt ein Tropfen Tau
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Im Rosmarin: hinfließt ein Hauch von Grabgerüchen,
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Spitälern, wirr erfüllt von Fieberschrein und Flüchen.
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Gebein steigt aus dem Erbbegräbnis morsch und grau.
 
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In blauem Schleim und Schleiern tanzt des Greisen Frau,
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Das schmutzstarrende Haar erfüllt von schwarzen Tränen,
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Die Knaben träumen wirr in dürren Weidensträhnen
21 
Und ihre Stirnen sind von Aussatz kahl und rauh.
 
22 
Durchs Bogenfenster sinkt ein Abend lind und lau.
23 
Ein Heiliger tritt aus seinen schwarzen Wundenmalen.
24 
Die Purpurschnecken kriechen aus zerbrochenen Schalen
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Und speien Blut in Dorngewinde starr und grau.
 
26 
3.
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Die Blinden streuen in eiternde Wunden Weiherauch.
28 
Rotgoldene Gewänder; Fackeln; Psalmensingen;
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Und Mädchen, die wie Gift den Leib des Herrn umschlingen.
30 
Gestalten schreiten wächsernstarr durch Glut und Rauch.
 
31 
Aussätziger mitternächtigen Tanz führt an ein Gauch
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Dürrknöchern. Garten wunderlicher Abenteuer;
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Verzerrtes; Blumenfratzen, Lachen; Ungeheuer
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Und rollendes Gestirn im schwarzen Dornenstrauch.
 
35 
O Armut, Bettelsuppe, Brot und süßer Lauch;
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Des Lebens Träumerei in Hütten vor den Wäldern.
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Grau härtet sich der Himmel über gelben Feldern
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Und eine Abendglocke singt nach altem Brauch.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Drei Blicke in einen Opal“

Autor
Georg Trakl
Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
38
Anzahl Wörter
264
Entstehungsjahr
1913
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorgegebene Gedicht „Drei Blicke in einen Opal“ wurde vom österreichischen Lyriker Georg Trakl verfasst. Trakl gehört zur literarischen Epoche des Expressionismus, welche in der Zeit von ca. 1910 bis 1925 lag. Die Gedichte dieser Epoche sind häufig von einer starken Subjektivität und emotionalen Intensität geprägt.

Beim ersten Eindruck wirkt das Gedicht mit seiner düsteren und morbiden Bildsprache überwältigend und verwirrend. Es enthält mehrere abstrakte Bilder und Metaphern, die zum Teilen unheimlich wirkende Situationen und Zustände beschreiben.

Die „Drei Blicke in einen Opal“ wirken wie drei separate Szenarien oder Sichtweisen, die jeweils eine unterschiedliche Wahrnehmung der Realität darstellen könnten. Sie könnten ebenso als verschiedene Stadien des lyrischen Ichs gesehen werden, das sich in ständigem Wandel befindet. Darüber hinaus könnten sie verschiedene Aspekte oder Umstände des Lebens symbolisieren, die sich im Opal widerspiegeln.

Formal ist das Gedicht in neun Strophen gegliedert, wobei die erste, vierte und siebte Strophe jeweils mit einer Ziffer beginnen. Diese Ziffern könnten als Hinweise auf die „drei Blicke“ gedeutet werden. Jede Strophe besteht aus vier Versen - mit Ausnahme der 4. und 7. Strophe, die jeweils aus fünf Versen bestehen. Unter den Versen gibt es keinen Reim.

Die Sprache des Gedichts zeichnet sich durch eine starke Symbolik aus. Dabei sind vor allem die Farbsymbolik und die Vielzahl an metaphorischen Bildern auffällig. Die oft düsteren und morbiden Bilder erzeugen eine Atmosphäre des Verfalls und der Unsicherheit, was vielleicht die innere Zerrissenheit und Verwirrung des lyrischen Ichs widerspiegelt.

Zusammenfassend kann das Gedicht als ein Ausdruck innerer Konflikte und möglicherweise sogar einer existenziellen Krise verstanden werden. Die „drei Blicke“ kommen möglicherweise aus den Tiefen des Unterbewusstseins des lyrischen Ichs und offenbaren eigene Ängste und Unsicherheiten. Die detaillierte und ausdrucksstarke Symbolik verleiht dem Gedicht jedoch auch eine gewisse Vielschichtigkeit, die vielfältige Interpretationen zulässt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Drei Blicke in einen Opal“ des Autors Georg Trakl. Im Jahr 1887 wurde Trakl in Salzburg geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1913 entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Expressionismus zuordnen. Trakl ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 264 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 38 Versen. Der Dichter Georg Trakl ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Raben“, „Die Ratten“ und „Die junge Magd“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Drei Blicke in einen Opal“ weitere 60 Gedichte vor.

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