Disputation von Heinrich Heine

In der Aula zu Toledo
Klingen schmetternd die Fanfaren;
Zu dem geistlichen Turnei
Wallt das Volk in bunten Schaaren.
 
Das ist nicht ein weltlich Stechen,
Keine Eisenwaffe blitzet –
Eine Lanze ist das Wort,
Das scholastisch scharf gespitzet.
 
Nicht galante Paladins
10 
Fechten hier, nicht Damendiener –
11 
Dieses Kampfes Ritter sind
12 
Kapuziner und Rabbiner.
 
13 
Statt des Helmes tragen sie
14 
Schabbesdeckel und Kapuzen;
15 
Scapulier und Arbekanfeß
16 
Sind der Harnisch, drob sie trutzen.
 
17 
Welches ist der wahre Gott?
18 
Ist es der Hebräer starrer
19 
Großer Eingott, dessen Kämpe
20 
Rabbi Juda, der Navarrer?
 
21 
Oder ist es der dreifalt’ge
22 
Liebegott der Christianer,
23 
Dessen Kämpe Frater Jose,
24 
Gardian der Franziskaner?
 
25 
Durch die Macht der Argumente,
26 
Durch der Logik Kettenschlüsse
27 
Und Citate von Autoren,
28 
Die man anerkennen müsse,
 
29 
Will ein jeder Kämpe seinen
30 
Gegner ad absurdum führen
31 
Und die wahre Göttlichkeit
32 
Seines Gottes demonstriren.
 
33 
Festgestellt ist: daß derjen’ge,
34 
Der im Streit ward überwunden,
35 
Seines Gegners Religion
36 
Anzunehmen sei verbunden,
 
37 
Daß der Jude sich der Taufe
38 
Heil’gem Sacramente füge,
39 
Und im Gegentheil der Christ
40 
Der Beschneidung unterliege.
 
41 
Jedem von den beiden Kämpen
42 
Beigesellt sind elf Genossen,
43 
Die zu theilen sein Geschick
44 
Sind in Freud und Leid entschlossen.
 
45 
Glaubenssicher sind die Mönche
46 
Von des Gardians Geleitschaft,
47 
Halten schon Weihwasserkübel
48 
Für die Taufe in Bereitschaft,
 
49 
Schwingen schon die Sprengelbesen
50 
Und die blanken Räucherfässer –
51 
Ihre Gegner unterdessen
52 
Wetzen die Beschneidungsmesser.
 
53 
Beide Rotten stehn schlagfertig
54 
Vor den Schranken in dem Saale,
55 
Und das Volk mit Ungeduld
56 
Harret drängend der Signale.
 
57 
Unterm güldnen Baldachin
58 
Und umrauscht vom Hofgesinde
59 
Sitzt der König und die Kön’gin;
60 
Diese gleichet einem Kinde.
 
61 
Ein französisch stumpfes Näschen,
62 
Schalkheit kichert in den Mienen,
63 
Doch bezaubernd sind des Mundes
64 
Immer lächelnde Rubinen.
 
65 
Schöne, flatterhafte Blume –
66 
Daß sich ihrer Gott erbarme –
67 
Von dem heitern Seine-Ufer
68 
Wurde sie verpflanzt, die arme,
 
69 
Hierher in den steifen Boden
70 
Der hispanischen Grandezza;
71 
Weiland hieß sie Blanch’ de Bourbon,
72 
Donna Blanka heißt sie jetzo.
 
73 
Pedro wird genannt der König,
74 
Mit dem Zusatz der Grausame;
75 
Aber heute, milden Sinnes,
76 
Ist er besser als sein Name.
 
77 
Unterhält sich gut gelaunt
78 
Mit des Hofes Edelleuten;
79 
Auch den Juden und den Mohren
80 
Sagt er viele Artigkeiten.
 
81 
Diese Ritter ohne Vorhaut
82 
Sind des Königs Lieblingsschranzen,
83 
Sie befehl’gen seine Heere,
84 
Sie verwalten die Finanzen.
 
85 
Aber plötzlich Paukenschläge,
86 
Und es melden die Trompeten,
87 
Daß begonnen hat der Maulkampf,
88 
Der Disput der zwei Athlethen.
 
89 
Der Gardian der Franziskaner
90 
Bricht hervor mit frommem Grimme;
91 
Polternd roh und widrig greinend
92 
Ist abwechselnd seine Stimme.
 
93 
In des Vaters und des Sohnes
94 
Und des heil’gen Geistes Namen
95 
Exorziret er dem Rabbi,
96 
Jakob’s maledeiten Samen.
 
97 
Denn bei solchen Controversen
98 
Sind oft Teufelchen verborgen
99 
In dem Juden, die mit Scharfsinn,
100 
Witz und Gründen ihn versorgen.
 
101 
Nun die Teufel ausgetrieben
102 
Durch die Macht des Exorzismus,
103 
Kommt der Mönch auch zur Dogmatik,
104 
Kugelt ab den Katechismus.
 
105 
Er erzählt, daß in der Gottheit
106 
Drei Personen sind enthalten,
107 
Die jedoch zu einer einz’gen,
108 
Wenn es passend, sich gestalten –
 
109 
Ein Mysterium, das nur
110 
Von Demjen’gen wird verstanden,
111 
Der entsprungen ist dem Kerker
112 
Der Vernunft und ihren Banden.
 
113 
Er erzählt: wie Gott der Herr
114 
Ward zu Bethlehem geboren
115 
Von der Jungfrau, welche niemals
116 
Ihre Jungferschaft verloren;
 
117 
Wie der Herr der Welt gelegen
118 
In der Krippe, und ein Kühlein
119 
Und ein Oechslein bei ihm stunden,
120 
Schier andächtig, zwei Rindviehlein.
 
121 
Er erzählte: wie der Herr
122 
Vor den Schergen des Herodes
123 
Nach Aegypten floh, und später
124 
Litt die herbe Pein des Todes
 
125 
Unter Pontio Pilato,
126 
Der das Urtheil unterschrieben,
127 
Von den harten Pharisäern,
128 
Von den Juden angetrieben.
 
129 
Er erzählte: wie der Herr,
130 
Der entstiegen seinem Grabe
131 
Schon am dritten Tag, gen Himmel
132 
Seinen Flug genommen habe;
 
133 
Wie er aber, wenn es Zeit ist,
134 
Wiederkehren auf die Erde
135 
Und zu Josaphat die Todten
136 
Und Lebend’gen richten werde.
 
137 
„Zittert, Juden!“ rief der Mönch,
138 
„Vor dem Gott, den ihr mit Hieben
139 
Und mit Dornen habt gemartert
140 
Den ihr in den Tod getrieben,
 
141 
„Seine Mörder, Volk der Rachsucht,
142 
Juden, das seid ihr gewesen –
143 
Immer meuchelt ihr den Heiland,
144 
Welcher kommt, euch zu erlösen.
 
145 
„Judenvolk, du bist ein Aas,
146 
Worin hausen die Dämonen;
147 
Eure Leiber sind Kasernen
148 
Für des Teufels Legionen.
 
149 
„Thomas von Aquino sagt es,
150 
Den man nennt den großen Ochsen
151 
Der Gelehrsamkeit, er ist
152 
Licht und Lust der Orthodoxen.
 
153 
„Judenvolk, ihr seid Hyänen,
154 
Wölfe, Schakals, die in Gräbern
155 
Wühlen, um der Todten Leichnam’
156 
Blutfraßgierig aufzustöbern.
 
157 
„Juden, Juden, ihr seid Säue,
158 
Paviane, Nashornthiere,
159 
Die man nennt Rhinozerosse,
160 
Crocodile und Vampyre.
 
161 
„Ihr seid Raben, Eulen, Uhus,
162 
Fledermäuse, Wiedehöpfe,
163 
Leichenhühner, Basilisken,
164 
Galgenvögel, Nachtgeschöpfe.
 
165 
„Ihr seid Vipern und Blindschleichen,
166 
Klapperschlangen, gift’ge Kröten,
167 
Ottern, Nattern – Christus wird
168 
Eu’r verfluchtes Haupt zertreten.
 
169 
„Oder wollt ihr, Maledeiten,
170 
Eure armen Seelen retten?
171 
Aus der Bosheit Synagoge
172 
Flüchtet nach den frommen Stätten,
 
173 
„Nach der Liebe lichtem Dome,
174 
Wo im benedeiten Becken
175 
Euch der Quell der Gnade sprudelt –
176 
Drin sollt ihr die Köpfe stecken –
 
177 
„Wascht dort ab den alten Adam
178 
Und die Laster, die ihn schwärzen;
179 
Des verjährten Grolles Schimmel,
180 
Wascht ihn ab von euren Herzen!
 
181 
„Hört ihr nicht des Heilands Stimme?
182 
Euren neuen Namen rief er –
183 
Lauset euch an Christi Brust
184 
Von der Sünde Ungeziefer!
 
185 
„Unser Gott, der ist die Liebe,
186 
Und er gleichet einem Lamme;
187 
Um zu sühnen unsre Schuld
188 
Starb er an des Kreuzes Stamme.
 
189 
„Unser Gott, der ist die Liebe,
190 
Jesus Christus ist sein Name;
191 
Seine Duldsamkeit und Demuth
192 
Suchen wir stets nachzuahmen.
 
193 
„Deshalb sind wir auch so sanft,
194 
So leutselig, ruhig, milde,
195 
Hadern niemals, nach des Lammes,
196 
Des Versöhners, Musterbilde.
 
197 
„Einst im Himmel werden wir
198 
Ganz verklärt zu frommen Englein,
199 
Und wir wandeln dort gottselig,
200 
In den Händen Lilienstenglein.
 
201 
„Statt der groben Kutten tragen
202 
Wir die reinlichsten Gewänder
203 
Von Moußlin, Brokat und Seide,
204 
Goldne Troddeln, bunte Bänder.
 
205 
„Keine Glatze mehr! Goldlocken
206 
Flattern dort um unsre Köpfe;
207 
Allerliebste Jungfraun flechten
208 
Uns das Haar in hübsche Zöpfe.
 
209 
„Weinpokale wird es droben
210 
Von viel weiterm Umfang geben,
211 
Als die Becher sind hier unten,
212 
Worin schäumt der Saft der Reben.
 
213 
„Doch im Gegentheil viel enger
214 
Als ein Weibermund hienieden,
215 
Wird das Frauenmündchen sein,
216 
Das dort oben uns beschieden.
 
217 
„Trinkend, küssend, lachend wollen
218 
Wir die Ewigkeit verbringen,
219 
Und verzückt Halleluja,
220 
Kyrie Eleyson singen.“
 
221 
Also schloß der Christ. Die Mönchlein
222 
Glaubten schon, Erleuchtung träte
223 
In die Herzen, und sie schleppten
224 
Flink herbei das Taufgeräthe.
 
225 
Doch die wasserscheuen Juden
226 
Schütteln sich und grinsen schnöde.
227 
Rabbi Juda, der Navarrer,
228 
Hub jetzt an die Gegenrede:
 
229 
„Um für deine Saat zu düngen
230 
Meines Geistes dürren Acker,
231 
Mit Mistkarren voll Schimpfwörter
232 
Hast du mich beschmissen wacker.
 
233 
„So folgt Jeder der Methode,
234 
Dran er nun einmal gewöhnet,
235 
Und anstatt dich drob zu schelten,
236 
Sag’ ich Dank dir, wohlversöhnet.
 
237 
„Die Dreieinigkeitsdoktrin
238 
Kann für unsre Leut nicht passen,
239 
Die mit Regula-de-tri
240 
Sich von Jugend auf befassen.
 
241 
„Daß in deinem Gotte drei,
242 
Drei Personen sind enthalten
243 
Ist bescheiden noch, sechstausend
244 
Götter gab es bei den Alten.
 
245 
„Unbekannt ist mir der Gott,
246 
Den ihr Christum pflegt zu nennen;
247 
Seine Jungfer Mutter gleichfalls
248 
Hab ich nicht die Ehr zu kennen.
 
249 
„Ich bedaure, daß er einst,
250 
Vor etwa zwölfhundert Jahren,
251 
Ein’ge Unannehmlichkeiten
252 
Zu Jerusalem erfahren.
 
253 
„Ob die Juden ihn getödtet,
254 
Das ist schwer jetzt zu erkunden,
255 
Da ja das Corpus Delicti
256 
Schon am dritten Tag verschwunden.
 
257 
„Daß er ein Verwandter sei
258 
Unsres Gottes, ist nicht minder
259 
Zweifelhaft; so viel wir wissen
260 
Hat der letztre keine Kinder.
 
261 
„Unser Gott ist nicht gestorben
262 
Als ein armes Lämmerschwänzchen
263 
Für die Menschheit, ist kein süßes
264 
Philantröpfchen, Faselhänschen.
 
265 
„Unser Gott ist nicht die Liebe;
266 
Schnäbeln ist nicht seine Sache,
267 
Denn er ist ein Donnergott
268 
Und er ist ein Gott der Rache.
 
269 
„Seines Zornes Blitze treffen
270 
Unerbittlich jeden Sünder,
271 
Und des Vaters Schulden büßen
272 
Oft die späten Enkelkinder.
 
273 
„Unser Gott, der ist lebendig
274 
Und in seiner Himmelshalle
275 
Existiret er drauf los
276 
Durch die Ewigkeiten alle.
 
277 
„Unser Gott, und der ist auch
278 
Ein gesunder Gott, kein Mythos
279 
Bleich und dünne wie Oblaten
280 
Oder Schatten am Cocythos.
 
281 
„Unser Gott ist stark. In Händen
282 
Trägt er Sonne, Mond, Gestirne;
283 
Throne brechen, Völker schwinden,
284 
Wenn er runzelt seine Stirne.
 
285 
„Und er ist ein großer Gott.
286 
David singt: Ermessen ließe
287 
Sich die Größe nicht, die Erde
288 
Sei der Schemel seiner Füße.
 
289 
„Unser Gott liebt die Musik,
290 
Saitenspiel und Festgesänge;
291 
Doch wie Ferkelgrunzen sind
292 
Ihm zuwider Glockenklänge.
 
293 
„Leviathan heißt der Fisch,
294 
Welcher haust im Meeresgrunde;
295 
Mit ihm spielet Gott der Herr
296 
Alle Tage eine Stunde –
 
297 
„Ausgenommen an dem neunten
298 
Tag des Monats Ab, wo nämlich
299 
Eingeäschert ward sein Tempel;
300 
An dem Tag ist er zu grämlich.
 
301 
„Des Leviathan’s Länge ist
302 
Hundert Meilen, hat Floßfedern
303 
Groß wie König Ok von Basan,
304 
Und sein Schwanz ist wie ein Cedern.
 
305 
„Doch sein Fleisch ist delicat,
306 
Delicater als Schildkröten,
307 
Und am Tag der Auferstehung
308 
Wird der Herr zu Tische beten
 
309 
„Alle frommen Auserwählten,
310 
Die Gerechten und die Weisen –
311 
Unsres Herrgotts Lieblingsfisch
312 
Werden sie alsdann verspeisen,
 
313 
„Theils mit weißer Knoblauchbrühe,
314 
Theils auch braun in Wein gesotten,
315 
Mit Gewürzen und Rosinen,
316 
Ungefähr wie Matelotten.
 
317 
„In der weißen Knoblauchbrühe
318 
Schwimmen kleine Schäbchen Rettig –
319 
So bereitet, Frater Jose,
320 
Mundet dir das Fischlein, wett’ ich!
 
321 
„Auch die braune ist so lecker,
322 
Nämlich die Rosinensauce,
323 
Sie wird himmlisch wohl behagen
324 
Deinem Bäuchlein, Frater Jose.
 
325 
„Was Gott kocht, ist gut gekocht!
326 
Mönchlein, nimm jetzt meinen Rath an,
327 
Opfre hin die alte Vorhaut
328 
Und erquick’ dich am Leviathan.“
 
329 
Also lockend sprach der Rabbi,
330 
Lockend, ködernd, heimlich schmunzelnd,
331 
Und die Juden schwangen schon
332 
Ihre Messer wonnegrunzelnd,
 
333 
Um als Sieger zu skalpiren
334 
Die verfallenen Vorhäute,
335 
Wahre spolia opima
336 
In dem wunderlichen Streite.
 
337 
Doch die Mönche hielten fest
338 
An dem väterlichen Glauben
339 
Und an ihrer Vorhaut, ließen
340 
Sich derselben nicht berauben.
 
341 
Nach dem Juden sprach aufs neue
342 
Der katholische Bekehrer;
343 
Wieder schimpft er, jedes Wort
344 
Ist ein Nachttopf, und kein leerer.
 
345 
Darauf replicirt der Rabbi
346 
Mit zurückgehaltnem Eifer;
347 
Wie sein Herz auch überkocht,
348 
Doch verschluckt er seinen Geifer.
 
349 
Er beruft sich auf die Mischna,
350 
Commentare und Tractate,
351 
Bringt auch aus dem Tausves-Jontof
352 
Viel beweisende Citate.
 
353 
Aber welche Blasphemie
354 
Mußt er von dem Mönche hören!
355 
Dieser sprach: der Tausves-Jontof
356 
Möge sich zum Teufel scheren.
 
357 
„Da hört alles auf, o Gott!“
358 
Kreischt der Rabbi jetzt entsetzlich;
359 
Und es reißt ihm die Geduld,
360 
Rappelköpfig wird er plötzlich.
 
361 
„Gilt nichts mehr der Tausves-Jontof,
362 
Was soll gelten? Zeter! Zeter!
363 
Räche, Herr, die Missethat,
364 
Strafe, Herr, den Uebelthäter!
 
365 
„Denn der Tausves-Jontof, Gott,
366 
Das bist du! Und an dem frechen
367 
Tausvesjontof-Läugner mußt du
368 
Deines Namens Ehre rächen.
 
369 
„Laß den Abgrund ihn verschlingen,
370 
Wie des Kora böse Rotte,
371 
Die sich wider dich empört
372 
Durch Emeute und Complotte.
 
373 
„Donnre deinen besten Donner!
374 
Strafe, o mein Gott, den Frevel –
375 
Hattest du doch zu Sodoma
376 
Und Gomorrha Pech und Schwefel!
 
377 
„Treffe, Herr, die Kapuziner,
378 
Wie du Pharaon getroffen,
379 
Der uns nachgesetzt, als wir
380 
Wohl bepackt davon geloffen.
 
381 
„Hunderttausend Ritter folgten
382 
Diesem König von Mizrayim,
383 
Stahlbepanzert, blanke Schwerter
384 
In den schrecklichen Jadayim.
 
385 
„Gott! da hast du ausgestreckt
386 
Deine Jad, und sammt dem Heere
387 
Ward ertränkt, wie junge Katzen,
388 
Pharao im rothen Meere.
 
389 
„Treffe, Herr, die Kapuziner,
390 
Zeige den infamen Schuften,
391 
Daß die Blitze deines Zorns
392 
Nicht verrauchten und verpufften.
 
393 
„Deines Sieges Ruhm und Preis
394 
Will ich singen dann und sagen,
395 
Und dabei, wie Mirjam that
396 
Tanzen und die Pauke schlagen.“
 
397 
In die Rede grimmig fiel
398 
Jetzt der Mönch dem Zornentflammten:
399 
„Mag dich selbst der Herr verderben,
400 
Dich Verfluchten und Verdammten!
 
401 
„Trotzen kann ich deinen Teufeln,
402 
Deinem schmutz’gen Fliegengotte,
403 
Luzifer und Belzebube
404 
Belial und Astarothe.
 
405 
„Trotzen kann ich deinen Geistern,
406 
Deinen dunkeln Höllenpossen,
407 
Denn in mir ist Jesus Christus,
408 
Habe seinen Leib genossen.
 
409 
„Christus ist mein Leibgericht,
410 
Schmeckt viel besser als Leviathan
411 
Mit der weißen Knoblauchsauce,
412 
Die vielleicht gekocht der Satan.
 
413 
„Ach! anstatt zu disputiren,
414 
Lieber möcht’ ich schmoren, braten
415 
Auf dem wärmsten Scheiterhaufen
416 
Dich und deine Kameraden.“
 
417 
Also tos’t in Schimpf und Ernst
418 
Das Turnei für Gott und Glauben,
419 
Doch die Kämpen ganz vergeblich
420 
Kreischen, schelten, wüthen, schnauben.
 
421 
Schon zwölf Stunden währt der Kampf,
422 
Dem kein End ist abzuschauen;
423 
Müde wird das Publicum
424 
Und es schwitzen stark die Frauen.
 
425 
Auch der Hof wird ungeduldig,
426 
Manche Zofe gähnt ein wenig.
427 
Zu der schönen Königin
428 
Wendet fragend sich der König:
 
429 
Sagt mir, was ist Eure Meinung?
430 
Wer hat Recht von diesen Beiden?
431 
Wollt Ihr für den Rabbi Euch
432 
Oder für den Mönch entscheiden?
 
433 
Donna Blanka schaut ihn an,
434 
Und wie sinnend ihre Hände
435 
Mit verschränkten Fingern drückt sie
436 
An die Stirn und spricht am Ende:
 
437 
Welcher Recht hat, weiß ich nicht –
438 
Doch es will mich schier bedünken,
439 
Daß der Rabbi und der Mönch,
440 
Daß sie alle beide stinken.

Details zum Gedicht „Disputation“

Anzahl Strophen
110
Anzahl Verse
440
Anzahl Wörter
2035
Entstehungsjahr
1851
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Disputation“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Heinrich Heine. Im Jahr 1797 wurde Heine in Düsseldorf geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1851 entstanden. Erschienen ist der Text in Hamburg. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Bei Heine handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 2035 Wörter. Es baut sich aus 110 Strophen auf und besteht aus 440 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Heinrich Heine sind „Ach, ich sehne mich nach Thränen“, „Ach, wenn ich nur der Schemel wär’“ und „Ahnung“. Zum Autor des Gedichtes „Disputation“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 535 Gedichte vor.

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