Dies irae von Erich Mühsam
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Der Hölle Rachen fauchte Gift und Unrat aus |
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und ließ die Welt in Urschlamm und in Blut ersaufen, |
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und Feuerbrand und Eisensplittergraus |
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schuf aus der Menschheit Stätten öde Trümmerhaufen. |
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Was Teufelstücke unterm Gottesfluch erdacht, |
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ward Menschenwerk, ward Würfelgut und Ware, |
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ward Antrieb, Vorwand, Mittel, Wahn der Macht, |
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ward Mordgeist, Heldenruhm, Sieg und Fanfare. |
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Entstellte Krüppel, unbegrabenes Menschenaas. |
10 |
Wo Wälder, Städte standen, trostloses Gerölle. |
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Der Weiber Glück und Hoffnung gieriger Krähen Fraß. |
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Mars Triumphator auf dem blutigen Thron der Hölle... |
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Empor, betrogene Menschheit, aus dem schmutzigen Pfuhl! |
14 |
Der Freiheitswille drängt hervor aus Knechtsgewimmel. |
15 |
Schon unterm blutigen Baldachine schwankt der Stuhl |
16 |
der Weltbeherrscher. – Höllengeister, scheut den Himmel!... |
17 |
Der Himmel! Seine ersten Blitze funkeln schon, |
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und Himmelsahnen reißt die Welt in Abenteuer. |
19 |
Freiheit aus Höllenqual! – Empor, Revolution!! |
20 |
Wer auf zum Himmel will, fürcht' nicht das Fegefeuer! |
Details zum Gedicht „Dies irae“
Erich Mühsam
1
20
133
1920
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Dieses Gedicht heißt „Dies irae“ und wurde von Erich Mühsam verfasst, einem deutschen Dichter und Schriftsteller, der von 1878 bis 1934 lebte. Das Gedicht kann zeitlich in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts eingeordnet werden, einer Zeit der politischen Umbrüche und gesellschaftlichen Herausforderungen, die in zwei Weltkriegen gipfelten.
Beim ersten Lesen entsteht ein erster Eindruck von Unheil, Apokalypse, aber auch Widerstand und Rebellion. Der Text schildert eine Szenerie voller Zerstörung und Leid, was durch den Gebrauch dramatischer, bildhafter und teils brutaler Sprache verstärkt wird.
Das Gedicht erzählt von einer Welt, die durch Grausamkeit und Zerstörung in einen urtümlichen, blutigen Zustand zurückgeworfen wird. Diese Grausamkeit ist das Ergebnis menschlicher Handlungen, die unter der Vorspiegelung von Ruhm und Sieg stattfinden. Es wird ein Bild von entstellten Krüppeln, zerstörten Landschaften und Frauen, deren Glück und Hoffnung zerstört wird, gezeichnet. Trotz dieser düsteren Beschreibung gibt es auch eine Aufforderung zur Rebellion und zur Freiheit, die gegen die Unterdrückung gerichtet ist.
Dabei greift das lyrische Ich auf christliche Motive wie Himmel, Hölle und Fegefeuer zurück, um die Situation zu illustrieren und zugleich einen Apell zu formulieren. Der Ausbruch aus dieser Hölle wird mit der Revolution gleichgesetzt, die Freiheit und eine Rückkehr ins Paradies, den Himmel, verspricht.
Formal besteht das Gedicht aus 20 Versen und einer Strophe. Hervorzuheben ist der rhythmische Aufbau der Verse, die mit starken, betonten Wörtern enden und somit das dramatische Bild des Inhalts unterstreichen. Die Sprache des Gedichts ist emotional aufgeladen, es werden viele starke, teilweise drastische Bilder und Vergleiche verwendet, die die dramatische Situation und die damit verbundene Empörung verdeutlichen.
Zusammenfassend handelt es sich bei „Dies irae“ um ein politisches Gedicht, das die Grausamkeit und Zerstörung der Welt durch Mensch und Macht anprangert und gleichzeitig zur Revolution und zur Erlangung von Freiheit aufruft.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Dies irae“ ist Erich Mühsam. Der Autor Erich Mühsam wurde 1878 in Berlin geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1920 entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Mühsam ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 133 Worte. Der Dichter Erich Mühsam ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Neue Deutschland“, „Der Anarchisterich“ und „Der Mahner“. Zum Autor des Gedichtes „Dies irae“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 57 Gedichte vor.
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