An Friedrich Nietzsche von Richard Dehmel

Und es kam die Zeit,
daß Zarathustra abermals
aus seiner Höhle niederstieg vom Berge;
und viel Volkes küßte seine Spuren ...
Der Jünger aber, der ihn liebte,
stand von ferne,
und der Meister kannte ihn nicht.
Und der Jünger trat zu ihm und sprach:
Meister, was soll ich thun,
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daß ich selig werde?
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Zarathustra aber wandte sich
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und schaute hinter sich,
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und seine Augen wurden weit,
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und sagte Antwort:
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Folge mir nach!
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Da ward der Jünger sehend
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und verstand den Meister
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und folgte ihm
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und verließ ihn ...
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Da er aber seines Weges wanderte,
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ward er traurig
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und sprach also zu seiner Sehnsucht:
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Wahrlich! viele sind,
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deren Zunge trieft vom Namen Zarathustras,
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und im Herzen beten sie zum Gotte Tamtam;
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wahrlich, allzu früh erschien er diesem Volke!
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Seinen Adler sahen sie fliegen,
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welcher heißt - der Wille zur Macht
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über die Kleinen;
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und seine Schlange nährten sie an ihrer Brust,
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die Schlange Klugheit.
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Aber seiner Sonne ist ihr Auge blind,
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welche heißt - der Wille zur Macht
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über den Einen:
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den Gott Ich.
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Wiedergeburten feiern sie
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und Wiedertaufen ihrer Götzen,
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aber Keiner wußte noch
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sich selber zu befruchten
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und seinem Samen jubelnd sich zu kreuzigen.
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Der Du Deine neue Sünde lehrtest,
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habe Dank! o dürft' ich dir
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dein letztes Wort vom Munde küssen,
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du lächelnder Priester des zeugenden Todes!
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Aber wir leben,
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und mancher Art
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sind die Sonnenpfeile
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und Blumengifte
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des zeugenden Todes!
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Ach, daß du Manchem auch zu spät erschienest!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.1 KB)

Details zum Gedicht „An Friedrich Nietzsche“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
50
Anzahl Wörter
239
Entstehungsjahr
1863 - 1920
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „An Friedrich Nietzsche“ ist Richard Dehmel. Im Jahr 1863 wurde Dehmel in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg geboren. Im Zeitraum zwischen 1879 und 1920 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Der Schriftsteller Dehmel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 239 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 50 Versen. Der Dichter Richard Dehmel ist auch der Autor für Gedichte wie „Chinesisches Trinklied“, „Dann“ und „Das Gesicht“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Friedrich Nietzsche“ weitere 522 Gedichte vor.

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