Die sieben Heller von Frank Wedekind

Großer Gott im Himmel, sieben
Heller sind mir noch geblieben!
Was nur fang’ ich armer Mann
Mit den sieben Hellern an.
 
Tod und Teufel, wären’s zwanzig,
Tanzte gleich noch einen Tanz ich
Auf der Bühne buntbemalt,
Wo man zwanzig Heller zahlt!
 
Wären’s fünfzehn! – Einen Teller
10 
Wurst kauft man für fünfzehn Heller.
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Hungrig bin ich so wie so;
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Eine Wurst macht lebensfroh.
 
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Ach, und wären’s auch nur zehne!
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Ein Schluck Bier, den ich ersehne,
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Ist er gleich ein wenig klein,
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Muß für zehne käuflich sein.
 
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Aber sieben, sieben ganze
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Rote Heller, nicht zu Tanze,
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Nicht zu Wurst und nicht zu Bier,
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Gar zu nichts verwendbar mir –!
 
21 
Lehr’ mich du, o Fürst der Hölle,
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Was tät’st du an meiner Stelle,
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Wenn im Beutel du zuletzt
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Nur noch sieben Heller hätt’st? –
 
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Alsbald zieht der große Weise
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Seine düst’ren Zauberkreise,
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Spuckt nach rechts und links und spricht:
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Hör mich an, du armer Wicht!
 
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Kommt bei Wettersturm und Regen
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Dir ein Bettelkind entgegen,
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Schwarz von Auge, schwarz von Haar,
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Busen im Entwicklungsjahr,
 
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Wirf ihr deine sieben Heller
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In des Hemdes losen Göller,
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Sag’ ihr, sie sei engelschön,
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Schweig und heiß sie weitergehn!
 
37 
Du hast Freude, sie hat Freude,
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Freuen werdet ihr euch Beide;
39 
Meine Freude hab’ auch ich,
40 
Segne und belohne dich!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Die sieben Heller“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
213
Entstehungsjahr
1905
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die sieben Heller“ wurde von Frank Wedekind verfasst, der von 1864 bis 1918 lebte. Wedekind zählt zu den bedeutsamsten deutschsprachigen Dramatikern und Liederdichtern um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Das spricht für eine zeitliche Einordnung in die Epoche des Naturalismus bzw. der Moderne, wobei seine Werke oft als avantgardistisch eingestuft werden und somit meist über die Epoche hinausweisen.

Beim ersten Lesen wirkt das Gedicht volkstümlich und humorvoll, es scheint die alltäglichen Sorgen eines armen Mannes zum Thema zu haben. Das lyrische Ich beklagt sich in den ersten vier Strophen über seinen Mangel an Geld, indem es auf unterhaltsame Weise ausmalt, was es mit jeweils mehr Geld anfangen könnte: Zunächst könnte es für zwanzig Heller einen Tanz aufführen, für fünfzehn Heller eine ersehnte Wurst kaufen und für zehn Heller einen Schluck Bier erwerben. Mit nur sieben Hellern jedoch kann es weder tanzen, noch essen oder trinken.

Das lyrische Ich beklagt sich dabei über seine Armut und Möglichkeiten. Es hat Hunger, Durst und möglicherweise Lust, zu tanzen, doch das wenige Geld reicht dafür nicht aus. In seinem Elend ruft es den Fürsten der Hölle, also den Teufel, an und bittet ihn um Rat, was dieser in seiner Situation tun würde.

Der Teufel gibt dem lyrischen Ich den Rat, das wenige Geld einem Bettelkind zu schenken, wenn es bei schlechtem Wetter einem solchen begegnet. Diese Großzügigkeit soll beiden Freude bereiten, dem lyrischen Ich und dem Bettelkind. Und auch der Teufel wird seine Freude daran haben und das lyrische Ich dafür belohnen.

Auf sprachlicher und formaler Ebene ist das Gedicht durch seine Volksliedhaftigkeit gekennzeichnet. Es folgt einem konsequenten alternierenden Versmaß (Jambus) und einem durchgängigen Reimschema (Kreuzreim). Die Sprache ist simpel und derb, mit konkreter, bildhafter Sprache, wodurch eine volkstümliche und humorvolle Wirkung erzielt wird. Der Text ist sehr bildhaft und benutzt zahlreiche Alltagsgegenstände, um seine Aussage zu untermauern.

Insgesamt ist „Die sieben Heller“ eine Art Volksballade, die auf Humor und Ironie setzt, um die Kluft zwischen Arm und Reich zu verdeutlichen. Es stellt auch die Frage nach der Güte und Sinnhaftigkeit von Großzügigkeit inmitten persönlicher Armut.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die sieben Heller“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Frank Wedekind. 1864 wurde Wedekind in Hannover geboren. Im Jahr 1905 ist das Gedicht entstanden. In München ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Der Schriftsteller Wedekind ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 213 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 10 Strophen. Die Gedichte „An Elka“, „An Francisca de Warens“ und „An Madame de Warens“ sind weitere Werke des Autors Frank Wedekind. Zum Autor des Gedichtes „Die sieben Heller“ haben wir auf abi-pur.de weitere 114 Gedichte veröffentlicht.

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