Die schlimmen Monarchen von Friedrich Schiller

Euren Preiß erklimme meine Leyer –
Erdengötter – die der süsen Feyer
Anadyomenens sanft nur klang;
Leiser um das pompende Getöse,
Schüchtern um die Purpurflammen eurer Gröse
Zittert der Gesang.
 
Redet! soll ich goldne Saiten schlagen,
Wenn vom Jubelruf empor getragen
Euer Wagen durch den Wahlplaz rauscht?
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Wenn ihr, schlapp vom eisernen Umarmen,
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Schwere Panzer mit den weichen Rosenarmen
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Eurer Phrynen tauscht? –
 
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Soll vielleicht im Schimmer goldner Raifen,
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Götter, euch die kühne Hymne greifen
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Wo in mystisch Dunkel eingemummt
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Euer Spleen mit Donnerkeilen tändelt,
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Mit Verbrechen eine Menschlichkeit bemäntelt
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Bis – das Grab verstummt?
 
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Sing ich Ruhe unter Diademen?
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Soll ich, Fürsten, eure Träume rühmen? –
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Wenn der Wurm am Königsherzen zehrt
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Weht der goldne Schlummer um den Mohren,
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Der den Schatz bewacht an des Pallastes Thoren,
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Und – ihn nicht begehrt.
 
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Zeig o Muse, wie mit Rudersklaven
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Könige auf einem Polster schlafen,
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Die gelöschten Blize freundlich thun,
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Wo nun nimmer ihre Launen foltern,
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Nimmer die Theaterminotaure poltern,
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Und – die Löwen ruhn.
 
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Auf! Betaste mit dem Zaubersiegel,
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Hekate, des Gruftgewölbes Riegel!
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Horch! die Flügel donnern jach zurük!
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Wo des Todes Odem dumpfig säuselt,
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Schauerluft die starren Loken aufwärts kräuselt,
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Sing ich – Fürstenglük. – –
 
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Hier das Ufer? – Hier in diesen Grotten
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Stranden eurer Wünsche stolze Flotten?
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Hier – wo eurer Gröse Flut sich stößt?
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Ewig nie dem Ruhme zu erwarmen,
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Schmiedet hier die Nacht mit schwarzen Schauerarmen
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Potentaten fest.
 
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Traurig funkelt auf dem Todenkasten
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Eurer Kronen, der umperlten Lasten,
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Eurer Szepter undankbare Pracht.
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Wie so schön man Moder übergoldet!
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Doch nur Würmer werden mit dem Leib besoldet.
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Dem – die Welt gewacht.
 
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Stolze Pflanzen in so niedern Beeten!
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Seht doch! – wie mit welken Majestäten
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Garstig spaßt der unverschämte Tod!
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Die durch Nord und Ost und West geboten –
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Dulden sie des Unholds ekelhafte Zoten,
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Und – kein Sultan droht?
 
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Springt doch auf, ihr störrige Verstummer,
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Schüttelt ab den tausendpfundgen Schlummer,
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Siegespauken trommeln aus der Schlacht,
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Höret doch, wie hell die Zinken schmettern!
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Wie des Volkes wilde Vivat euch vergöttern!
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Könige erwacht!
 
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Siebenschläfer! – o so hört die hellen
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Hörner klingen und die Doggen bellen!
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Tausendrörigt knallt das Jagdenfeu’r:
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Muntre Rosse wiehern nach dem Forste,
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Blutig wälzt der Eber seine Stachelborste,
66 
Und – der Sieg ist eu’r!
 
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Was ist das? – Auch Fürsten schweigen selber?
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Neunfach durch die heulenden Gewölber
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Spottet mir ein schleifend Echo nach –
70 
Hört doch nur den Kammerjunker düßeln:
71 
Euch beehrt Madonna mit geheimen Schlüsseln
72 
In – ihr Schlafgemach.
 
73 
Keine Antwort – Ernstlich ist die Stille –
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Fällt denn auch auf Könige die Hülle,
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Die die Augen des Trabanten dekt? –
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Und ihr fodert Anbetung in Asche,
77 
Daß die blinde Meze Glük in eure Tasche
78 
Eine – Welt gestekt?
 
79 
Und ihr rasselt, Gottes Riesenpuppen,
80 
Hoch daher in kindischstolzen Gruppen,
81 
Gleich dem Gaukler in dem Opernhaus? –
82 
Pöbelteufel klatschen dem Geklimper,
83 
Aber weinend zischen den erhabnen Stümper
84 
Seine Engel aus.
 
85 
Ins Gebiet der leiseren Gedanken,
86 
Würden – überwänden sie die Schranken –
87 
Schlangenwirbel eure Mäkler drehn;
88 
Lernt doch, daß die euren zu entfalten,
89 
Blike, die auch Pharisäerlarven spalten,
90 
Von dem Himmel sehn.
 
91 
Prägt ihr zwar – Hohn ihrem falschen Schalle! –
92 
Euer Bild auf lügende Metalle,
93 
Schnödes Kupfer adelt ihr zu Gold –
94 
Eure Juden schachern mit der Münze, –
95 
Doch wie anders klingt sie über jener Gränze,
96 
Wo die Waage rollt!
 
97 
Deken euch Seraile dann und Schlösser,
98 
Wann des Himmels fürchterlicher Presser
99 
An des grosen Pfundes Zinsen mahnt?
100 
Ihr bezahlt den Bankerott der Jugend
101 
Mit Gelübden, und mit lächerlicher Tugend,
102 
Die – Hanswurst erfand.
 
103 
Berget immer die erhabne Schande
104 
Mit des Majestätsrechts Nachtgewande!
105 
Bübelt aus des Thrones Hinterhalt.
106 
Aber zittert für des Liedes Sprache,
107 
Kühnlich durch den Purpur bohrt der Pfeil der Rache
108 
Fürstenherzen kalt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (33.6 KB)

Details zum Gedicht „Die schlimmen Monarchen“

Anzahl Strophen
18
Anzahl Verse
108
Anzahl Wörter
582
Entstehungsjahr
1782
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Die schlimmen Monarchen“ stammt von Friedrich Schiller, einem der bekanntesten deutschen Dichter der Weimarer Klassik. Es wurde zu seiner Lebenszeit verfasst, genauer gesagt liegt seine Entstehungszeit im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht ernst und kritisch. Die Sprache ist altmodisch, was die zeitliche Einordnung bestätigt. Es besteht aus 18 Strophen à sechs Versen und ist somit recht umfangreich.

Im Inhalt geht es um die kritische Betrachtung der Monarchen und ihrer Handlungen. Das lyrische Ich spricht die Herrscher direkt an und hinterfragt ihr Verhalten und ihre Motive. Sie werden als überheblich und selbstverliebt dargestellt. Es wird angedeutet, dass sie ihre Macht missbrauchen und sich selbst bereichern, ihre Taten aber durch Schein und Ruhm überdeckt werden. Gleichzeitig zeigt das lyrische Ich auf, dass auch die Monarchen letztlich sterblich sind und ihr gesamter Reichtum und Ruhm ihnen im Tod nichts nützt. Es ruft die Monarchen dazu auf, ihr Verhalten zu überdenken und gerechter zu handeln.

Die Form ist klar strukturiert; jede Strophe besteht aus sechs Versen, was dem Ganzen einen festen Rahmen gibt. Gleichzeitig ermöglicht die Aufteilung auch eine inhaltliche Unterteilung in verschiedene Aspekte der Thematik.

Die Sprache ist, wie bereits erwähnt, dem Zeitalter entsprechend altertümlich und verwendet viele Metaphern und bildhafte Beschreibungen. Dies erzeugt eine Distanz zum heutigen Leser, verdeutlicht aber auch den Ernst der Kritik. Es wird vielfach auf antike Götter und mythologische Figuren verwiesen, was die universale Bedeutung der Kritik unterstreicht. Viele Verse enden mit einem Gedankenstrich, was einen offenen, teilweise rhetorisch fragenden Ton erzeugt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Friedrich Schillers „Die schlimmen Monarchen“ eine deutliche und scharfe Kritik an den damaligen Herrschern darstellt und sie zur Reflexion ihres Handelns auffordert. In Form und Sprache zeigt sich die hohe Kunstfertigkeit des Autors und seine tiefe Verankerung in der Epoche der Weimarer Klassik.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die schlimmen Monarchen“ ist Friedrich Schiller. 1759 wurde Schiller in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Im Jahr 1782 ist das Gedicht entstanden. In Stuttgart ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Schiller ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang ist eine Strömung in der deutschen Literaturgeschichte, die häufig auch als Genieperiode oder Geniezeit bezeichnet wird. Die Literaturepoche ordnet sich nach der Epoche der Empfindsamkeit und vor der Klassik ein. Sie lässt sich auf die Zeit zwischen 1765 und 1790 eingrenzen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Protest- und Jugendbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Die Autoren des Sturm und Drang waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, häufig unter 30 Jahre alt. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit seinen beiden wichtigen Vertretern Goethe und Schiller entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Die Weimarer Klassik dauerte von 1786 bis 1832 an. Bedeutende Vertreter dieser Literaturepoche waren Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die zeitliche Abgrenzung orientiert sich dabei an dem Schaffen Goethes. So wird dessen erste Italienreise 1786 als Beginn der deutschen Klassik angesehen, die dann mit seinem Tod 1832 ihr Ende nahm. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Menschlichkeit, Toleranz und Übereinstimmung von Natur und Mensch, von Individuum und Gesellschaft sind die Ideale der Klassik. Im Zentrum des klassischen Kunstkonzepts steht das Streben nach harmonischem Ausgleich der Gegensätze. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Klassik typisch. Während man in der Epoche des Sturm und Drangs die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die bekanntesten Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe. Andere bekannte Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Die beiden letztgenannten arbeiteten aber jeweils für sich. Einen produktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe.

Das 582 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 108 Versen mit insgesamt 18 Strophen. Weitere Werke des Dichters Friedrich Schiller sind „Aktäon“, „An Minna“ und „An den Frühling“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die schlimmen Monarchen“ weitere 220 Gedichte vor.

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