Die künftige Zeit von Christian Felix Weiße
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Mein Leben eilet schnell dahin, |
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Bald bin ich nicht mehr, was ich bin, |
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Und meine Kräfte sinken: |
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Dann sieht mein abgenützter Blick, |
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Nicht weiter seines Lebens Glück, |
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O Quaal! im Glase blinken. |
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Man ladet mich zu Festen ein, |
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Ich sitz in junger Schönen Reihn, |
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Da fang ich an zu schlafen. |
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Ein reizend Mädchen kützelt mich: |
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Da sitzt der Thor, da schämt er sich, |
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Und kann sie nicht bestrafen! |
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Nun tönt der Instrumenten Chor: |
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Es tritt die Jugend muthig vor, |
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Und tanzt durch alle Glieder: |
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Aus Mitleid reicht Selinde mir |
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Die schöne Hand: kaum folg ich ihr, |
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So sink ich taumelnd nieder. |
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Sie tanzen freudig, bis es tagt: |
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Ich unvermißt und unbeklagt, |
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Schleich in einsame Betten: |
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Da kömmt kein Traum, der mir ersetzt, |
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Was wachend mich vormals ergötzt: |
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Kein Schlaf kömmt mich zu retten. |
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Dann – – Himmel ach! wo denk ich hin? |
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Fühl ich nicht jetzund, wer ich bin? |
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Seh ich nicht Doris winken? |
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Komm Mädchen, gieb mir einen Kuß! |
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Madera her, geschwind! man muß |
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Ein solch Gespenst vertrinken. |
Details zum Gedicht „Die künftige Zeit“
Christian Felix Weiße
5
30
167
1758
Aufklärung
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Die künftige Zeit“ wurde von Christian Felix Weiße verfasst, der von 1726 bis 1804 lebte. Dies verortet die Entstehung des Gedichts zeitlich in die Epoche der Aufklärung, die durch einen kritischen Bewegung gegenüber traditoneller Autoritäten und bestehenden Strukturen gekennzeichnet war.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht klagend und traurig, es behandelt die Vergänglichkeit des Lebens und die Auswirkungen des Alterns auf das persönliche Wohlbefinden und die gesellschaftliche Teilhabe.
Inhaltlich beklagt das lyrische Ich den Verlust seiner Jugend und Vitalität. Es gibt Ausdruck von seiner Unfähigkeit, sich in der Gesellschaft von jüngeren Menschen zurechtzufinden und an deren Freuden teilzuhaben. Das lyrische Ich nimmt das eigene Altern als eine Qual wahr und empfindet seine Unfähigkeit, an der gesellschaftlichen Freude teilzuhaben, als beschämend. Der Sprecher fühlt sich ausgesondert und einsam und hat sogar das Gefühl, dass der Schlaf, traditionell als Quelle der Erholung und Träume betrachtet, ihm keinen Trost mehr bietet.
In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus fünf Strophen, jede mit sechs Versen. Diese strenge Struktur könnte ein Ausdruck der Unausweichlichkeit des Alterns und der dabei wahrgenommenen Verluste sein. Die Sprache ist klar und leicht verständlich, was typisch für die Zeit der Aufklärung war. Die Verwendung von lebendigen Bildern wie dem „abgenützten Blick“, der nicht weiter „seines Lebens Glück“ sehen kann, unterstreichen die Kluft zwischen dem lyrischen Ich und seiner Umgebung.
In der letzten Strophe jedoch wendet sich das Blatt. Das lyrische Ich scheint sich an seine eigene Jugend zu erinnern oder einen Moment des Vergessens seiner eigenen Vergänglichkeit zu erleben. Es ist wieder für einen kurzen Moment in der Gesellschaft und im Erleben, symbolisiert durch den Kuss des Mädchens und den Wein. Ob dieses Erwachen anhält oder nur ein kurzer Moment der Erleichterung ist, bleibt offen und erhöht den Eindruck einer ständigen Suche nach Zugehörigkeit und Glück in einer sich schnell verändernden Welt.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Die künftige Zeit“ ist Christian Felix Weiße. Im Jahr 1726 wurde Weiße in Annaberg geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1758 entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Aufklärung kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Weiße handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 167 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 30 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Christian Felix Weiße sind „An die Muse“, „An ein Veilchen“ und „An einen Bach im Winter“. Zum Autor des Gedichtes „Die künftige Zeit“ haben wir auf abi-pur.de weitere 100 Gedichte veröffentlicht.
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