Die heiligen drei Könige von Klabund

Wir sind die drei Weisen aus dem Morgenland,
die Sonne, die hat uns so schwarz gebrannt.
Unsere Haut ist schwarz, unsere Seel ist klar,
doch unser Hemd ist besch... ganz und gar.
Kyrieeleis.
 
Der erste, der trägt eine lederne Hos’,
der zweite ist gar am A... bloß,
der dritte hat einen spitzigen Hut,
auf dem ein Stern sich drehen tut.
10 
Kyrieeleis.
 
11 
Der erste, der hat den Kopf voll Grind,
12 
Der zweite ist ein unehlich’ Kind.
13 
Der dritte nicht Vater, nicht Mutter preist,
14 
ihn zeugte höchstselbst der heilige Geist.
15 
Kyrieeleis.
 
16 
Der erste hat einen Pfennig gespart,
17 
der zweite hat Läuse in seinem Bart,
18 
der dritte hat noch weniger als nichts,
19 
er steht im Strahl des göttlichen Lichts.
20 
Kyrieeleis.
 
21 
Wir sind die heiligen drei Könige,
22 
wir haben Wünsche nicht wenige.
23 
Den ersten hungert, den zweiten dürst’,
24 
der dritte wünscht sich gebratene Würst.
25 
Kyrieeleis.
 
26 
Ach, schenkt den armen drei Königen was.
27 
Ein Schöpflöffel aus dem Heringsfaß –
28 
verschimmelt Brot, verfaulter Fisch,
29 
da setzen sie sich noch fröhlich zu Tisch.
30 
Kyrieeleis.
 
31 
Wir singen einen süßen Gesang
32 
den Weibern auf der Ofenbank.
33 
Wir lassen an einem jeglichen Ort
34 
einen kleinen heiligen König zum Andenken dort.
35 
Kyrieeleis.
 
36 
Wir geben auch unseren Segen drein,
37 
gemischt aus Kuhdreck und Rosmarein.
38 
Wir danken für Schnaps, wir danken für Bier.
39 
Anders Jahr um die Zeit sind wir wieder hier.
40 
Kyrieeleis.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Die heiligen drei Könige“

Autor
Klabund
Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
219
Entstehungsjahr
1927
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Die heiligen drei Könige“ stammt von Klabund, einem deutschsprachigen Dichter und Dramatiker, der von 1890 bis 1928 lebte. Klabunds Werke fallen in die Epoche des Expressionismus, einer Literaturbewegung, die den individuellen Gefühls- und Seelenzustand des Menschen in den Mittelpunkt stellte und nach dem 1. Weltkrieg ihre Hochzeit hatte.

Auf den ersten Blick kommt das Gedicht humorvoll und beißend satirisch daher. Mit Anspielung auf die biblische Erzählung der Heiligen Drei Könige, die dem neugeborenen Christuskind Geschenke brachten, zeichnet Klabund hier ein weniger erhabenes Bild dieser Figuren. Anstatt hochadelige, weise Männer zeigt er uns einfache, etwas schmuddelige Gestalten, die so gar nicht zu der würdevollen Vorstellung passen, die man sich üblicherweise von den Heiligen Drei Königen macht.

Das lyrische Ich spricht in der Mehrzahl, es identifiziert sich ironisch mit den heiligen drei Königen und dabei gibt es in jeder Strophe eine Beschreibung der drei Könige, unterbrochen vom reflektierenden „Kyrieeleis“. Dabei werden die Könige als Bettler und Vagabunden dargestellt, deren Besitz und Umstände eher lächerlich und erbärmlich wirken. Indem das lyrische Ich diese Identifikation wählt, kommentiert Klabund die Kluft zwischen religiösem Ideal und bitterer Realität.

Formal besteht das Gedicht aus acht Strophen mit je fünf Versen. Abgeschlossen wird jede Strophe mit dem Ausruf „Kyrieeleis“, was im Griechischen so viel bedeutet wie „Herr, erbarme Dich“. Diese Phrase wird in der katholischen Liturgie verwendet und kennzeichnet hier, zusammen mit den ansonsten recht derben und volksnahen Bildern und Ausdrücken, die satirische Perspektive des Gedichts. Sprachlich ist das Gedicht einfach und volkstümlich gehalten. Klabund benutzt humorvolle, manchmal scurrile Bilder und Ausdrücke. Im Spott auf die erhabenen Figuren der heiligen drei Könige spiegelt sich auch eine Kritik an der Kirche und der Religion, die heilige Menschen oft losgelöst von jeglicher alltäglichen menschlichen Realität darstellen. Daher kann man dieses Gedicht als scharfe Satire interpretieren.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die heiligen drei Könige“ ist Klabund. Der Autor Klabund wurde 1890 in Crossen an der Oder geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1927 zurück. Der Erscheinungsort ist Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zu. Die Richtigkeit der Epoche sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 219 Worte. Weitere Werke des Dichters Klabund sind „Abschied der Mutter von ihrem Sohn“, „Ad notam“ und „Akim Akimitsch“. Zum Autor des Gedichtes „Die heiligen drei Könige“ haben wir auf abi-pur.de weitere 139 Gedichte veröffentlicht.

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