An Berliner Kinder von Joachim Ringelnatz

Was meint ihr wohl, was eure Eltern treiben,
Wenn ihr schlafen gehen müßt?
Und sie angeblich noch Briefe schreiben.
Ich kann’s euch sagen: Da wird geküßt,
Geraucht, getanzt, gesoffen, gefressen,
Da schleichen verdächtige Gäste herbei.
Da wird jede Stufe der Unzucht durchmessen
Bis zur Papagei-Sodomiterei.
Da wird hasardiert um unsagbare Summen.
10 
Da dampft es von Opium und Kokain.
11 
Da wird gepaart, daß die Schädel brummen.
12 
Ach schweigen wir lieber. — Pfui Spinne, Berlin!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „An Berliner Kinder“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
73
Entstehungsjahr
1931
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorgestellte Gedicht trägt den Titel „An Berliner Kinder“ und wurde von dem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten Joachim Ringelnatz verfasst. Ringelnatz lebte von 1883 bis 1934, was das Werk in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, genauer in die Weimarer Republik, einordnet. Diese Zeit war geprägt durch politische Unruhen, aber auch kulturelle Blüte in vielen Bereichen, darunter die Literatur.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht provokativ und sarkastisch. Es spricht die kindliche Neugier an und spielt mit der Unschuld und Naivität der Kinder, indem es den Eltern allerlei hemmungslose und ausschweifende Tätigkeiten zuschreibt, die angeblich stattfinden, sobald die Kinder schlafen.

Ringelnatz konfrontiert die Kinder mit einer übertriebenen Darstellung von 'Erwachsenenfreuden', zu denen Tanz, Trinken, Rauchen, Glücksspiel, Drogenkonsum und ausschweifende Sexualität gehören. Er schließt das Gedicht mit einer scharfen Kritik an Berlin, der Stadt, in der solch skandalöses Verhalten stattfindet.

Sprachlich nutzt Ringelnatz eine sehr direkte, umgangssprachliche und teils vulgäre Wortwahl, um sein Bild von den dekadenten, sündhaften nächtlichen Aktivitäten der Eltern zu zeichnen. Diese Ausdrucksweise unterstützt den provokativen und satirischen Ton des Gedichts.

Die Form des Gedichts ist relativ einfach gehalten. Es besteht aus einer einzigen Strophe mit zwölf Versen. Diese Struktur ermöglicht es Ringelnatz, seine bissige Kritik an der Berliner Gesellschaft eindrucksvoll und ohne Unterbrechung zu präsentieren.

Im Kontext seiner Entstehungszeit kann man das Gedicht auch als Kritik an der moralischen Verderbtheit und dem ausschweifenden Leben in der damaligen Gesellschaft lesen. Es könnte als eine ironische Auseinandersetzung mit den sozialen und moralischen Zuständen in der Weimarer Republik betrachtet werden, eine Zeit, die oft mit dem Bild der „Roaring Twenties“ verbunden wird. In diesem Sinne ist Ringelnatz' Gedicht eine satirische und gesellschaftskritische Betrachtung seiner Zeit.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An Berliner Kinder“ des Autors Joachim Ringelnatz. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. 1931 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 73 Worte. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Afrikanisches Duell“, „Alone“ und „Alte Winkelmauer“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Berliner Kinder“ weitere 560 Gedichte vor.

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