Die beiden barmherzigen Schwestern von Charles Baudelaire

1	Lust und vergängnis sind ein kräftig prangend
2	Ein lieblich viele küsse spendend paar ·
3	Ihr leib jungfräulich und von lumpen hangend
4	Bei ewiger arbeit niemals noch gebar.
5	Der unheimliche dichter · feind der ehen
6	Der hölle günstling hofmann ohne brot ·
7	Hat bei dem grab und freudenhause stehen
8	Ein bett das kein gewissensbiss bedroht.
9	Gemach und bahre reich an freveleien
10	Sind zwei barmherzige schwestern · sie verleihen
11	Entsetzlichen genuss und süsse qual.
12	Wann kommst du · ekle lust · den sarg mir klopfen
13	Und wann wirst du · ihr reizender rival ·
14	Zipressen auf die faulen mirten pfropfen?

Details zum Gedicht „Die beiden barmherzigen Schwestern“

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht wurde von Charles Baudelaire geschrieben, einem berühmten französischen Dichter des 19. Jahrhunderts. Baudelaire gilt als Hauptvertreter des Symbolismus, einer Kunstströmung, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufkam und sich durch subtile Andeutungen und Symbolik auszeichnet.

Beim ersten Lesen fällt sofort die dunkle und unheilvolle Stimmung auf, die das Gedicht dominiert. Es scheint, dass der Dichter sowohl mit Begeisterung als auch mit Abscheu auf Aspekte des Lebens und der Lust blickt. Es gibt eine scheinbare Faszination für die düsteren Facetten des Lebens, den Tod und die Vergänglichkeit.

Inhaltlich dreht sich das Gedicht um die Darstellung von Gegensätzen wie Vergnügen und Tod, Sünde und Mitleid, Freude und Schuld. Das lyrische Ich scheint die Ambivalenz des Lebens zu betonen, in der das Streben nach Lust oft mit moralischen Konflikten und dem Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit verbunden ist.

In den ersten vier Versen wird die komplexe Beziehung zwischen Vergnügen und Vergänglichkeit dargestellt. Die Verse fünf bis acht scheinen auf die Rolle des Dichters hinzuweisen, der durch seine Werke diese komplexen Aspekte erforscht. In den Versen neun bis elf wird die enge Verbindung zwischen Vergnügen und Todesbewusstsein betont. Die letzten drei Verse schließlich drücken die sehnsüchtige Erwartung des lyrischen Ichs aus, dass diese beiden elementaren Kräfte in seinem Leben aufeinandertreffen.

Bezüglich der Form des Gedichts besteht es aus vier Strophen mit unregelmäßigem Versmaß. Sprachlich fällt der einzigartige und bildhafte Ausdruck Baudelaires auf: Lust und Tod werden als „barmherzige Schwestern“ personifiziert, welche das lyrische Ich besuchen. Es gibt zahlreiche lebhafte, kontrastierende Bilder, wie zum Beispiel das „jungfräuliche“ Fleisch, das mit Lumpen bedeckt ist, oder das Bild des friedlichen Bettes, das von der Angst vor der Vergänglichkeit bedroht wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Baudelaires Gedicht ein intensives und dunkles Bild vom menschlichen Leben zeichnet: Es ist ein ewiges Ringen zwischen Vergnügen und Leid, Schuld und Unschuld, Leben und Tod. Bemerkenswert ist vor allem die symbolreiche und bildhafte Sprache, die den Leser zwingt, sich mit diesen grundlegenden menschlichen Erfahrungen auseinanderzusetzen.

Weitere Informationen

Charles Baudelaire ist der Autor des Gedichtes „Die beiden barmherzigen Schwestern“. Geboren wurde Baudelaire im Jahr 1821 in Paris. Im Zeitraum zwischen 1837 und 1867 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 90 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Der Dichter Charles Baudelaire ist auch der Autor für Gedichte wie „An Theodor von Banville“, „Anheimfall“ und „Anziehender Schauder“. Zum Autor des Gedichtes „Die beiden barmherzigen Schwestern“ haben wir auf abi-pur.de weitere 101 Gedichte veröffentlicht.

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