Die arme Else von Theodor Fontane

Die Mutter spricht: „lieb Else mein,
Du mußt nicht lange wählen;
Man lebt sich in einander ein,
Auch ohne Liebesquälen;
Manch’ Eine nahm schon ihren Mann,
Daß sie nicht sitzen bliebe,
Und dünkte sich im Himmel dann,
Und alles ohne Liebe.“
 
Jung-Else hört’s und schloß das Band,
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Das ewge am Altare,
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Es nahm, zur Nacht, des Gatten Hand
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Den Kranz aus ihrem Haare;
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Ihr war zu Sinn, als ob der Tod
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Sie auf die Schlachtbank triebe, –
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Sie gab ihr Alles nach – Gebot,
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Und alles ohne Liebe.
 
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Der Mann ist schlecht, er liebt das Spiel,
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Und guten Trunk nicht minder,
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Sein Weib zu Hause weint zu viel,
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Und ewig schrein die Kinder;
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Spät kommt er heim, er kost, er – schlägt,
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Nachgiebig jedem Triebe, –
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Sie trägt’s, wie nur die Liebe trägt,
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Und alles ohne Liebe.
 
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Sie wünscht’ sich oft: „es wär’ vorbei“,
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Wenn nicht die Kinder wären;
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So aber sucht sie, stets auf’s Neu,
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Den Gatten zu bekehren;
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Sie schmeichelt ihm, und ob er dann
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Auch kalt bei Seit’ sie schiebe,
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Sie nennt ihn: ihren liebsten Mann,
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Und alles ohne Liebe.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „Die arme Else“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
182
Entstehungsjahr
1851
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Die arme Else“ wurde von Theodor Fontane, einem bedeutenden Vertreter des literarischen Realismus in Deutschland, verfasst. Fontanes Schaffenszeit erstreckte sich über die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Auf den ersten Blick erzählt das Gedicht eine traurige Geschichte einer Frau namens Else, die aus gesellschaftlicher Konvention heraus heiratet - nicht etwa aus Liebe.

In der ersten Strophe rät die Mutter Else zur Heirat, auch wenn sie ihren Mann nicht liebt. Sie meint, dass Liebe nicht notwendig sei, um gemeinsam ein Leben aufzubauen. Sie suggeriert, dass das Annehmen eines Mannes aus Pragmatismus und zur sozialen Absicherung ausreicht.

In der zweiten Strophe folgt Else dem Rat ihrer Mutter und heiratet. Sie macht das nicht aus eigenem Wunsch, sondern um den gesellschaftlichen Erwartungen zu genügen. Ihre Heirat wird als Pflichterfüllung beschrieben, die sich anfühlt wie das erzwungene Marschieren zur Schlachtbank.

In der dritten Strophe beschreibt Fontane die unglückliche Ehe, die aus der Vernunftehe erfolgt ist. Der Mann ist spielsüchtig und trinkt, er kommt oft spät nach Hause und schlägt sie. Else erleidet das alles geduldig, so als ob sie ihn liebt, obwohl sie das nicht tut.

Im letzten Abschnitt des Gedichts sieht man, wie Else versucht, mit der unglücklichen Situation umzugehen. Sie wünscht sich, dass alles zu Ende wäre, würde sie nicht Kinder haben. Daher versucht sie, ihren Mann ständig zu bekehren. Trotz aller Demütigungen nennt sie ihn „ihren liebsten Mann“, und das alles ohne Liebe.

Formal gesehen besteht das Gedicht aus vier Strophen mit jeweils acht Versen. Die Sprache ist einfach und direkt, was typisch für Fontanes Werke ist. Die Verse folgen einem klaren Reimschema (ABABCDCD), was das Gedicht einerseits eingängig macht, andererseits die strengen gesellschaftlichen Konventionen und Normen widerspiegelt, die die Protagonistin einschränken.

Insgesamt lässt das Gedicht tief blicken in die damalige Gesellschaft und die Rolle der Frau. Es kritisiert die gesellschaftlichen Zwänge und die Folgen einer Vernunftehe.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die arme Else“ ist Theodor Fontane. 1819 wurde Fontane in Neuruppin geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1851 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Der Schriftsteller Fontane ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 182 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Theodor Fontane sind „Aber es bleibt auf dem alten Fleck“, „Afrikareisender“ und „Alles still!“. Zum Autor des Gedichtes „Die arme Else“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 214 Gedichte vor.

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