Der Gemsen-Jäger und die Sennerin von Adelbert von Chamisso
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Nimm mich verirrten Jäger, |
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Du gute Sennerin, auf; |
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Es lockte mich über die Gletscher |
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Die Gemse mit flüchtigem Lauf. |
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Bin fremd auf dieser Alpe, |
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Verlassen für und für; |
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In rauher Nacht verschließe |
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Nicht hart mir deine Tür. |
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Muß, Jäger, wohl sie verschließen, |
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Ich bin ja ganz allein, |
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Gar eng ist meine Hütte, |
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Für dich kein Lager darein. |
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Nur Schutz an deinem Herde, |
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Ein Lager begehr ich nicht; |
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Ich scheide, sobald die Gletscher |
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Sich färben mit rötlichem Licht. |
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Und wenn ich ein dich ließe..., |
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O Jäger, laß mich in Ruh, |
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Nachrede gäb's und Geschichten; |
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Was sagte der Hirt dazu? |
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Der Hirt soll mich nicht hören, |
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Das, Gute, versprech ich dir: |
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Ich halte mich friedlich und stille, |
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Befürchte doch nichts von mir. |
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Und willst du dich halten, o Jäger, |
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Ein stiller und friedlicher Gast, |
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So werd ich herein dich lassen; |
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Die Nacht ist zu grausig doch fast. |
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Sie öffnete leise die Türe |
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Und ließ den Jäger herein; |
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Es loderte gastlich vom Herde |
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Die Flamme mit freundlichem Schein. |
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Und bei dem Scheine sahen |
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Die beiden sich staunend an |
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Die Nacht ist ihnen vergangen, |
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Der Morgen zu dämmern begann. |
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Wie ließ ich dich ein, o Jäger, |
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Ich weiß nicht, wie es kam; |
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Nun rötet der Morgen die Gletscher |
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Und meine Wangen die Scham. |
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O lieber, lieber Jäger, |
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So schnell vergangen die Nacht! |
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Auf, auf! du mußt nun scheiden, |
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Bevor der Hirt noch erwacht. |
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Und muß für heut ich scheiden, |
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So bleibe, du Gute, mir hold; |
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Hast keinen Grund zu weinen, |
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Nimm diesen Ring von Gold. |
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Ein Haus, das mir gehöret, |
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Dort drüben im anderen Tal, |
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Mein Stutzer, auf Gletscher und Felsen |
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Die flüchtigen Gemsen zumal: |
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Ich kann dich ehrlich ernähren, |
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Du liebe Sennerin mein; |
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Und steiget zu Tal der Winter, |
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Soll unsere Hochzeit sein. |
Details zum Gedicht „Der Gemsen-Jäger und die Sennerin“
Adelbert von Chamisso
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290
1781 - 1838
Romantik
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Gemsen-Jäger und die Sennerin“ des Autors Adelbert von Chamisso. Der Autor Adelbert von Chamisso wurde 1781 geboren. Im Zeitraum zwischen 1797 und 1838 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Chamisso ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Musik und der Literatur hatte diese Epoche Auswirkungen. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die damalige Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Schriften gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind bedeutende zu benennende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist dabei völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.
Das vorliegende Gedicht umfasst 290 Wörter. Es baut sich aus 14 Strophen auf und besteht aus 56 Versen. Die Gedichte „Zweites Lied von der alten Waschfrau“, „Die alte Waschfrau“ und „Der alte Müller“ sind weitere Werke des Autors Adelbert von Chamisso. Zum Autor des Gedichtes „Der Gemsen-Jäger und die Sennerin“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 146 Gedichte vor.
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Zum Autor Adelbert von Chamisso sind auf abi-pur.de 146 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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