An den Schöpfer von Anna Louisa Karsch
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Wo war ich, als dich Morgensterne lobten? |
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Da wie aus Windeln du gewickelt hast das Meer? |
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Und, als vor dir die Welten tobten, |
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Zu ihnen sprachest: Kommet bis hieher! |
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Wo lag ich, als dein Arm der Erde Grenzen |
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Umher gezogen hat und ihren Grund gelegt? |
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Als du die Morgenröthe glänzen |
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Mit Purpur hießest, den sie um sich trägt? |
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In ungeformten Klumpen noch gelegen |
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Bin ich, als auf dein Wort der Tag hervorgeeilt, |
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Der Thau gezeugt ward und der Regen, |
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Und Finsterniß vom Lichte ward getheilt! |
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Noch gleich dem kleinsten Staube, den die Sonne |
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Heiß scheinend an sich zieht von dürrer Erde Schooß, |
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War ich doch schon der Engel Wonne; |
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Von dir erschaffen, war ich ihnen groß. |
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Mit Sternenkleidern herrlich angezogen, |
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Hast du, Gott, Schöpfer! sie dem Winde gleich gemacht; |
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Schön farbig, wie der Regenbogen, |
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Wie Sonnengluth ist ihrer Leiber Pracht. |
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Zum Dienst erschaffen für die Menschenkinder |
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Sind sie; sie eilen, Gott! wenn du Befehle blickst, |
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Durch deinen Himmel viel geschwinder |
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Als deine Blitze, du du flammig schickst! |
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Aus Aether sind zusammen sie geflossen; |
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Ich ward wie Staub, der auf der Flur zusammenläuft, |
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Wenn deine Wolken ihn begossen |
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Und Kloß an Kloß sich nun zusammenhäuft. |
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Ich ward; dein Sprechen: ?Laßt uns Menschen machen", |
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Das riß auch mich hervor, als du des Lebens Thür |
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Entriegeltest, und noch der Rachen |
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Des Grabes nicht eröffnet war vor dir! |
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Jahrtausende vergingen – kurze Tage |
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Vor deinem Angesicht! – dann kam mein Tag und du |
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Gabst mir die Hülle, die ich trage |
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Um deinen Geist, von dir geathmet, zu! |
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Von deinem Munde, der mit einem Hauche |
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Gebirge bläset tief herunter in das Meer, |
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Nehm' ich dies Leben, zum Gebrauche, |
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Zu deinem Ruhm, Herr! mein Gesang sei er! |
Details zum Gedicht „An den Schöpfer“
Anna Louisa Karsch
10
40
281
1722 - 1791
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Die Autorin des Gedichtes „An den Schöpfer“ ist Anna Louisa Karsch. Im Jahr 1722 wurde Karsch in Hammer (Oberhavel) geboren. In der Zeit von 1738 bis 1791 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 281 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Anna Louisa Karsch sind „Das Harzmoos“ und „Das Wunderbild“. Zur Autorin des Gedichtes „An den Schöpfer“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.
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