Die Unschuld von Christian Felix Weiße

Ja, liebes Kind, bisher hab ich dich selbst bewacht:
Nun bist du sechzehn Jahr, nun nimm dich selbst in Acht!
Flieh aller falschen Schäfer List:
Sie sagen dir, wie schön du bist,
Wie sehr ihr Herz von dir entzündet ist!
Doch darfst du ihnen niemals traun,
Und schwören sie, auf ihren Schwur nicht baun;
Denn wenn man ihnen nur den mindsten Kuß erlaubt,
So ist uns schon die Unschuld halb geraubt!
 
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Tochter.
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So, Mutter? giengs euch so? ey warum sagtet ihr
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Mir dieses nicht schon längst: was kann ich nun dafür,
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Daß sie mir halb geraubet ist?
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Denn Damon hat mich, welche List!
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Zehnmal, ja hundertmal geküßt.
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Schön ists: o wär es doch erlaubt!
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Wie schön muß es erst seyn, wenn man sie ganz uns raubt!
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Sagt Mutter, wie mans macht; sonst schweig ich etwan still,
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Wenn Damon kömmt, und mir sie rauben will.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Die Unschuld“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
144
Entstehungsjahr
1758
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Die Unschuld“ ist von dem deutschen Dichter Christian Felix Weiße, der von 1726 bis 1804 lebte und somit in der Zeit der Aufklärung aktiv war.

Auf den ersten Blick handelt es sich um ein Gespräch zwischen Mutter und Tochter. Die Mutter gibt ihrer Tochter mahnende Ratschläge in Bezug auf die Interaktion mit dem anderen Geschlecht, während die Tochter, die bereits Erfahrungen gemacht hat, die dahinter liegenden Prinzipien herausfordert.

Im ersten Teil des Gedichts spricht die Mutter, sie warnt ihre Tochter vor den falschen Versprechungen von Männern. Sie mahnt ihre Tochter, sie solle vorsichtig sein und sich selbst schützen. Sie warnt speziell vor den Schwüren der Männer, die sie als unzuverlässig darstellt, und unterstreicht die Wichtigkeit, die „Unschuld“ zu wahren.

Im zweiten Teil des Gedichts antwortet die Tochter. Sie beklagt, dass diese Ratschläge zu spät kommen, da sie bereits Erfahrungen gemacht hat. Anstatt den Ratschlägen ihrer Mutter zu folgen, zeigt sie Interesse daran, mehr zu erfahren und ihre Erfahrungen zu vertiefen.

Das Gedicht ist in Versform geschrieben und bedient sich einer einfachen, direkten Sprache. Es handelt sich um ein Dialoggedicht, in dem zwei verschiedene Stimmen in einer Konversation zu hören sind. Die Verse sind durchgängig im Jambus (unbetonte-betonte Silbe) geschrieben, was das Gedicht rhythmisch und fließend macht.

Insgesamt kann das lyrische Ich als die Mutter gesehen werden, die versucht, ihre traditionellen Werte und Normen an ihre Tochter weiter zu geben. Die Perspektive der Tochter stellt hingegen die aufkommende Generation dar, die diese traditionellen Werte und Normen infrage stellt und nach neuen Erfahrungen sucht.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Unschuld“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Christian Felix Weiße. 1726 wurde Weiße in Annaberg geboren. 1758 ist das Gedicht entstanden. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Aufklärung zuordnen. Bei Weiße handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 144 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 19 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Die Gedichte „An den Amor“, „An die Muse“ und „An die Muse“ sind weitere Werke des Autors Christian Felix Weiße. Zum Autor des Gedichtes „Die Unschuld“ haben wir auf abi-pur.de weitere 100 Gedichte veröffentlicht.

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