Die Theilung der Erde. von Friedrich Schiller

Nehmt hin die Welt! rief Zeus von seinen Höhen
Den Menschen zu, nehmt, sie soll euer seyn.
Euch schenk ich sie zum Erb’ und ew’gen Lehen,
Doch theilt euch brüderlich darein.
 
Da eilt was Hände hat, sich einzurichten,
Es regte sich geschäftig jung und alt.
Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten,
Der Junker birschte durch den Wald.
 
Der Kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen,
10 
Der Abt wählt sich den edeln Firnewein,
11 
Der König sperrt die Brücken und die Straßen,
12 
Und sprach, der Zehente ist mein.
 
13 
Ganz spät, nachdem die Theilung längst geschehen,
14 
Naht der Poet, er kam aus weiter Fern’.
15 
Ach! da war überall nichts mehr zu sehen,
16 
Und alles hatte seinen Herrn!
 
17 
Weh mir! So soll denn ich allein von allen
18 
Vergessen seyn, ich, dein getreuster Sohn?
19 
So ließ er laut der Klage Ruf erschallen,
20 
Und warf sich hin vor Jovis Thron.
 
21 
Wenn du im Land der Träume dich verweilet,
22 
Versetzt der Gott, so hadre nicht mit mir.
23 
Wo warst du denn, als man die Welt getheilet?
24 
Ich war, sprach der Poet, bey dir.
 
25 
Mein Auge hieng an deinem Angesichte,
26 
An deines Himmels Harmonie mein Ohr,
27 
Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte
28 
Berauscht, das Irdische verlor!
 
29 
Was thun? spricht Zeus, die Welt ist weggegeben,
30 
Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein.
31 
Willst du in meinem Himmel mit mir leben,
32 
So oft du kommst, er soll dir offen seyn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Die Theilung der Erde.“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
235
Entstehungsjahr
1795
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts „Die Theilung der Erde“ ist Friedrich Schiller. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker und Lyriker und lebte von 1759 bis 1805, wodurch das Werk in die Epoche der Weimarer Klassik einzuordnen ist.

Auf den ersten Eindruck scheint es sich um ein nachdenkliches und metaphorisches Gedicht zu handeln, welches die Verteilung der Ressourcen der Welt und die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft thematisiert.

Inhaltlich geht es um die fiktive Geschichte, in der der Gott Zeus die Erde unter den Menschen teilt. Jeder beansprucht etwas, vom Ackerbauer bis zum König. Am Ende kommt der Dichter, als alles bereits verteilt ist. Er beklagt sich bei Zeus, dass er nichts erhalten hat. Zeus erklärt, dass der Dichter während der Aufteilung abwesend war. Der Dichter entgegnet, dass er bei Zeus, berauscht von dessen Herrlichkeit, war und deshalb das Irdische vergessen hat. Zeus bietet ihm daraufhin an, in seinem Himmel zu leben.

Der Dichter, das lyrische Ich, fühlt sich übergangen und unbeachtet. Es scheint zu signalisieren, dass Künstler und Poeten oft nicht den materiellen Besitz schätzen und anstreben, sondern höhere, immaterielle Werte suchen.

Das Gedicht besteht aus acht Strophen mit jeweils vier Versen. Es weist keinen Reim auf, was zu seiner ernsten und nachdenklichen Atmosphäre beiträgt. Schiller verwendet eine bildhafte und metaphorische Sprache, um die Geschichte zu erzählen und die Botschaft des Gedichts zu vermitteln. Er personifiziert verschiedene Rollen im Gesellschaftssystem und stellt sie als Einzelpersonen dar, um einen Mikrokosmos der Welt zu schaffen. Diese stilistischen Mittel und der Einsatz der antiken Mythologie sind typisch für die Weimarer Klassik, in der Schiller schrieb.

Zusammengefasst bietet Schillers Gedicht eine nachdenkliche Betrachtung über den Wert und die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft, kontrastiert durch den irdischen Streben nach Besitz und Macht. Es plädiert für eine Anerkennung der künstlerischen Berufung und Tätigkeit als gleichwertig zu anderen Lebensweisen und Tätigkeiten.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die Theilung der Erde.“ ist Friedrich Schiller. Schiller wurde im Jahr 1759 in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Im Jahr 1795 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Der Schriftsteller Schiller ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Die Epoche des Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird der Sturm und Drang auch als Genieperiode oder Geniezeit bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. Die Epoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich dabei gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich aber auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Bei den Autoren handelte es sich meist um junge Schriftsteller. Meist waren die Vertreter unter 30 Jahre alt. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Schriftstellern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit der Hinwendung Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die von zwei zentralen Dichtern geprägt wurde: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die Literaturepoche beginnt 1786 mit Goethes Italienreise und endet 1832 mit Goethes Tod. Es gibt aber auch zeitliche Eingrenzungen, die die gemeinsame Schaffenszeit der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 als Weimarer Klassik festlegen. Literarisches Zentrum und Ausgangspunkt der Weimarer Klassik (kurz auch häufig einfach nur Klassik genannt) war Weimar. In Anlehnung an das antike Kunstideal wurde in der Klassik nach Vollkommenheit, Harmonie, Humanität und der Übereinstimmung von Form und Inhalt gesucht. Typisch ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal der Literaturepoche des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Vernunft und Gefühl. Die Dichter haben in der Weimarer Klassik auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Die bedeutenden Dichter der Weimarer Klassik sind: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland.

Das 235 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Die Gedichte „Aktäon“, „An Minna“ und „An den Frühling“ sind weitere Werke des Autors Friedrich Schiller. Zum Autor des Gedichtes „Die Theilung der Erde.“ haben wir auf abi-pur.de weitere 220 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Friedrich Schiller

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Friedrich Schiller und seinem Gedicht „Die Theilung der Erde.“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Friedrich Schiller (Infos zum Autor)

Zum Autor Friedrich Schiller sind auf abi-pur.de 220 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.