Die Teilung von Wilhelm Busch

Es hat einmal, so wird gesagt,
Der Löwe mit dem Wolf gejagt.
Da haben sie vereint erlegt
Ein Wildschwein stark und gut gepflegt.
 
Doch als es ans Verteilen ging,
Dünkt das dem Wolf ein mißlich Ding.
 
Der Löwe sprach: Was grübelst du?
Glaubst du, es geht nicht redlich zu?
Dort kommt der Fuchs, er mag entscheiden
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Was jedem zukommt von uns beiden.
 
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Gut, sagt der Wolf, dem solch ein Freund
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Als Richter gar nicht übel scheint.
 
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Der Löwe winkt dem Fuchs sogleich:
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Herr Doktor, das ist was für Euch.
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Hier dieses jüngst erlegte Schwein,
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Bedenkt es wohl, ist mein und sein.
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Ich faßt es vorn, er griff es hinten;
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Jetzt teilt es uns, doch ohne Finten.
 
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Der Fuchs war ein Jurist von Fach.
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Sehr einfach, spricht er, liegt die Sach.
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Das Vorderteil, ob viel, ob wenig,
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Erhält mit Fug und Recht der König.
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Dir aber, Vetter Isegrim,
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Gebührt das Hinterteil. Da nimm!
 
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Bei diesem Wort trennt er genau
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Das Schwänzlein hinten von der Sau;
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Indes der Wolf verschmäht die Beute,
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Verneigt sich kurz und geht beiseite.
 
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Fuchs, sprach der Löwe, bleibt bei mir
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Von heut an seid Ihr Großvezier.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Die Teilung“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
189
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Teilung“ wurde von Wilhelm Busch verfasst, der im 19. Jahrhundert lebte und vor allem durch seine satirischen Zeichnungen und Reime bekannt wurde. Das Gedicht thematisiert eine Situation, in der ein Löwe und ein Wolf gemeinsam ein Wildschwein jagen und erlegen. Dabei stellt sich die Frage nach der gerechten Verteilung der Beute.

Auf den ersten Blick könnte dieses Gedicht als humorvolle Tiergeschichte erscheinen, doch bei näherer Betrachtung enthüllt es eine scharfe Gesellschaftskritik. Im Zentrum der Geschichte steht die Teilung einer erjagten Beute zwischen einem Löwen - der König der Tiere - und einem Wolf. Als es um die Teilung geht, ist der Wolf unsicher, und der Löwe schlägt vor, dass der Fuchs als unparteiischer Beobachter entscheiden soll, wer welchen Teil erhält. Der Fuchs, der übrigens als Jurist dargestellt wird, fällt ein ungerechtes Urteil zugunsten des Löwen und enttäuscht somit die Hoffnungen des Wolfes auf einen fairen Anteil.

Das lyrische Ich erzählt die Geschichte und kommentiert nicht direkt, aber es lässt die Anspielungen und Zwischentöne für den aufmerksamen Leser verständlich werden. Busch scheint mit der Geschichte unter anderem Machtmissbrauch, Amtsmissbrauch und soziale Ungerechtigkeit anzuprangern.

Das Gedicht besteht aus acht Strophen unterschiedlicher Länge, die durch einen strikten vierhebigen Jambus rhythmisiert sind. Diese Form verleiht dem Gedicht einen leicht zu folgenden, fast märchenhaften Charakter. Die Sprache ist einfach und klar, ohne schwierige Metaphern oder Symbolik, was die Satire und Gesellschaftskritik umso greifbarer macht.

Insgesamt ist „Die Teilung“ ein Beispiel für Wilhelm Buschs scharfen Witz und Kritik am menschlichen (oder tierischen) Verhalten.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die Teilung“ ist Wilhelm Busch. 1832 wurde Busch in Wiedensahl geboren. Im Zeitraum zwischen 1848 und 1908 ist das Gedicht entstanden. Wiesbaden u. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 189 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Der Dichter Wilhelm Busch ist auch der Autor für Gedichte wie „Als er noch krause Locken trug“, „Also hat es dir gefallen“ und „Auf Wiedersehn“. Zum Autor des Gedichtes „Die Teilung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 208 Gedichte veröffentlicht.

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