Die Sintflut von Paul Boldt

Die Wolken wachsen aus den Horizonten
Und trinken Himmel mit den Regenhälsen.
Die Menschen bissen auf den höchsten Felsen
In weiße Stirnen, die nicht denken konnten,
 
Daß Läuse aus dem Meer, die See, krochen.
Im Abendsturm ertranken lange Pappeln. —
Sie hörten auf der Nacht die Sterne trappeln,
Die in dem All den warmen Erdrauch rochen.
 
Dann schwamm die Sonne in dem glatten Wasser.
10 
Das Wasser fiel. Die See faulten ab.
11 
Die Erde trug der Meere hellen Schurz.
 
12 
Die Sterne standen, von Begierde blasser,
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Mit dünnem Atem an des Ostens Kap.
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Ein Stern sprang nach der Erde, sprang zu kurz.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Die Sintflut“

Autor
Paul Boldt
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
99
Entstehungsjahr
1914
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt von Paul Boldt, einem expressionistischen Dichter, der von 1885 bis 1921 lebte. Die stilistischen Merkmale und der Inhalt des Gedichts legen nahe, dass es wahrscheinlich während der Blütezeit des Expressionismus zwischen 1910 und 1925 geschrieben wurde.

Mein erster Eindruck beim Lesen dieses Gedichts ist, dass es eine Art Katastrophe darstellt, speziell eine Überflutung, die man gemeinhin mit der biblischen Sintflut assoziieren könnte. Der Titel „Die Sintflut“ bestärkt diese Interpretation. Der Autor verwendet jedoch die unheilvollen Bilder und die drohende Atmosphäre nicht lediglich zur Darstellung der Sintflut, sondern möglicherweise als Metapher für gesellschaftliche oder persönliche Krisen.

In einfachen Worten scheint das lyrische Ich den Untergang durch eine Flut zu beschreiben. Die Menschen scheinen sich auf höchsten Felsen zu retten („Die Menschen bissen auf den höchsten Felsen“), aber sie können das herannahende Desaster nicht begreifen oder verhindern. Die Welt, wie sie sie kennen, wird unter Wasser gesetzt, bis selbst die Sonne im Wasser zu schwimmen scheint. Doch am Ende lässt das Wasser nach, und die Erde wird wieder sichtbar, wenn auch verändert.

Die Ausdrücke und Metaphern, die Boldt in diesem Gedicht verwendet, spiegeln die typischen Merkmale der expressionistischen Dichtung wider, wie den Versuch, subjektive Gefühle und Wahrnehmungen zum Ausdruck zu bringen, oft durch die Verwendung übertriebener und verstörender Bilder. Die Form und Sprache des Gedichts sind geprägt von zeilenweisen Repräsentationen jeder Strophe mit vergeistigten, metaphorischen und teils paradoxen Bildschöpfungen, die für die expressionistische Dichtkunst typisch sind.

Insbesondere fällt auf, dass die Verse eher umgangssprachlich gefasst sind („krochen“, „faulten ab“), was zur dramatischen, unheilvollen Atmosphäre des Gedichts beiträgt. Dem gegenüber stehen jedoch relativ komplexere Wort- und Bildverwendungen wie „Regenhälse“, „Sterne trappeln“ oder „Erde trug der Meere hellen Schurz“, die auf eine symbolhafte, metaphorische Ebene verweisen.

Abschließend lässt sich sagen, dass „Die Sintflut“ ein markantes Beispiel für Boldts expressionistische Sprach- und Bilderwelt ist, in der er individuelle Krisen und gesellschaftliche Umbrüche aufgreift und darstellt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Sintflut“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Paul Boldt. 1885 wurde Boldt in Christfelde bei Preußisch-Friedland (Westpreußen) geboren. Im Jahr 1914 ist das Gedicht entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 99 Worte. Der Dichter Paul Boldt ist auch der Autor für Gedichte wie „Andere Jüdin“, „Berlin“ und „Berliner Abend“. Zum Autor des Gedichtes „Die Sintflut“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 49 Gedichte vor.

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