Die Rache der Elfen von Karl Ludwig von Woltmann

Die Furcht durchflüstert alle Blätter,
Und jedes Lied verstummt im Hain,
Schon flammt im schwarzen Donnerwetter
Entfernt der Blitze falber Schein.
Der Schäfer zeigt die grüne Höle,
Um welche sich der Epheu rankt,
Der Hirtin, die mit banger Seele
An seinem Arm’ im Haine wankt.
 
Allein mit dem geliebten Hirten
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Auf einer Höle Rasensitz,
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Wo Liebesgötter sie bewirthen,
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Vergißt die Bängste selbst den Blitz.
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Wenn Flammen auch die Höl’ umschlangen,
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Die Hirtin bebte nicht zurück;
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Er küßt die Furcht ihr von den Wangen,
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Den Schrecken aus dem süßen Blick.
 
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Ein frisches Duftgesäusel wallet
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Im Haine bei der Sterne Licht,
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Und Philomelens Nachtlied hallet;
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Die Hirtin ach! vernimmt es nicht.
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Man sieht erzürnt die Elfen wallen,
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Daß Lust der Keuschheit Blume bricht,
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Man hört im Haine Klagen hallen;
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Die Hirtin ach! vernimmt sie nicht.
 
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Doch endlich ward im Mondesschimmer
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Sie an des Schäfers Arm gesehn:
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Es tönt der Elfen Grabgewimmer,
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Wo sie berauscht im Thale gehn.
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Ihr Purpurgürtel weht im Winde,
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Ihr Auge schwimmt im feuchten Glanz;
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Sie seufzt, »o! süßer Hirt, wo finde
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Ich nun der Unschuld Lilienkranz?«
 
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Bei Kronen, welche Leichen schmücken,
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So wimmert es im Nebelthal;
 
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Sie geht erblaßt mit scheuen Blicken
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Den Berg hinan im Mondesstral.
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Da rauscht herab von Felsenklippen
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Im kalten Wind der Elfen Schwarm;
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Die Hirtin sinkt mit blassen Lippen
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Erstarrt in ihres Schäfers Arm.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.8 KB)

Details zum Gedicht „Die Rache der Elfen“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
221
Entstehungsjahr
1796
Epoche
Klassik

Gedicht-Analyse

„Die Rache der Elfen“ wurde von Karl Ludwig von Woltmann geschrieben, einem deutschen Schriftsteller, der von 1770 bis 1817 lebte. Daher kann das Gedicht in die Epoche der Romantik eingeordnet werden, da diese sich von Ende des 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts erstreckte.

Bereits beim ersten Lesen wird eine Stimmung der Spannung und des Unheils deutlich. Die naturverbundenen Bilder und die darin eingebundene Beziehung zwischen einer Hirtin und einem Schäfer rufen eine romantische Atmosphäre hervor, die jedoch durch die drohende Gefahr der Elfenwelt durchzogen wird.

Die Handlung des Gedichts dreht sich um ein Liebespaar - eine Hirtin und einen Schäfer - das sich in einem Hain trifft. Obwohl eine bedrohliche Atmosphäre und ein Gewitter einsetzen, lassen sie sich davon nicht stören und genießen ihre Zeit zusammen. Die Hirtin vergisst ihre Ängste, auch wenn der Hain in Flammen aufgeht. Jedoch bemerken beide nicht die Anwesenheit der Elfen, die verärgert sind, dass sie die Reinheit der Hirtin gestört haben. Am Ende wird sie von den Elfen bestraft, als sie realisiert, dass sie ihre Unschuld verloren hat, und erbleicht vor Furcht.

Inhaltlich steht dieses Gedicht in der romantischen Tradition, in der die Natur mit übernatürlichen oder mythischen Elementen verbunden ist und sowohl Freude als auch Angst verbreitet. Liebe und Natur werden mit der Unterwelt und Tod kontrastiert, was die Zerrissenheit und das Unglück, das durch die Störung der Natur- und Elfenwelt entsteht, noch betont.

Die Verse des Gedichts sind in Strophen mit meistens acht Zeilen unterteilt, ausgenommen die fünfte Strophe mit zwei Zeilen und die sechste Strophe mit sechs Zeilen. Diese freie Gestaltung könnte auf den Konflikt und die Unvorhersehbarkeit, die in der Geschichte herrschen, hinweisen.

Die Sprache ist bildhaft und metaphorisch und verschafft dem Drama eine feine emotionale Textur. Beispielsweise wird die Liebe der beiden als „Feuer“ dargestellt, das sie trotz der drohenden Gefahr, im Sturm erfasst zu werden, nicht löschen können. Die „Unschuld Lilienkranz“ - ein Symbol der Reinheit - wird verloren und durch metaphorische „Kronen“, die Leichen schmücken, ersetzt, was den Verlust und die Strafe durch die Elfen hervorhebt.

Zusammengefasst kann man sagen, dass das Gedicht das Zusammenspiel zwischen Romantik, Natur, Liebe und übernatürlichen Kräften darstellt und dabei sowohl die Freuden als auch die Gefahren aufzeigt, die mit der Überschreitung von Grenzen und Normen verbunden sind.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die Rache der Elfen“ ist Karl Ludwig von Woltmann. Geboren wurde Woltmann im Jahr 1770 in Oldenburg. Das Gedicht ist im Jahr 1796 entstanden. Erschienen ist der Text in Neustrelitz. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 221 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Die Gedichte „Sylfenlied“ sind weitere Werke des Autors Karl Ludwig von Woltmann. Zum Autor des Gedichtes „Die Rache der Elfen“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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