Die Partei von Georg Herwegh

Du drückst den Kranz auf eines Mannes Stirne,
Der wie ein Schächer jüngst das Blut vergoß,
Indessen hier die königliche Dirne
Die Sündenhefe ihrer Lust genoß;
Ich will ihm den Cypressenkranz gewähren,
Düngt auch sein Blut die Saat der Tyrannei –
Für ihn den milden Regen deiner Zähren!
Doch gegen sie die Blitze der Partei!
 
Partei! Partei! Wer sollte sie nicht nehmen,
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Die noch die Mutter aller Siege war!
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Wie mag ein Dichter solch ein Wort verfehmen,
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Ein Wort, das alles Herrliche gebar?
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Nur offen wie ein Mann: Für oder wider?
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Und die Parole: Sklave oder frei?
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Selbst Götter stiegen vom Olymp hernieder
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Und kämpften auf der Zinne der Partei!
 
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Sieh hin! dein Volk will neue Bahnen wandeln,
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Nur des Signales harrt ein stattlich Heer;
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Die Fürsten träumen, laßt die Dichter handeln!
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Spielt Saul die Harfe, werfen wir den Speer!
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Den Panzer um – geöffnet sind die Schranken,
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Brecht immer euer Saitenspiel entzwei,
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Und führt ein Fähnlein ewiger Gedanken
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Zur starken, stolzen Fahne der Partei!
 
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Das Gestern ist wie eine welke Blume –
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Man legt sie wohl als Zeichen in ein Buch –
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Begrabt’s mit seiner Schmach und seinem Ruhme
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Und webt nicht länger an dem Leichentuch!
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Dem Leben gilt’s ein Lebehoch zu singen,
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Und nicht ein Lied im Dienst der Schmeichelei;
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Der Menschheit gilt’s ein Opfer darzubringen,
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Der Menschheit, auf dem Altar der Partei!
 
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O stellt sie ein die ungerechte Klage,
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Wenn ihr die Angst so mancher Seele schaut;
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Es ist das Bangen vor dem Hochzeittage,
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Das hoffnungsvolle Bangen einer Braut.
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Schon drängen aller Orten sich die Erben
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Ans Krankenlager unsrer Zeit herbei;
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Laßt, Dichter, laßt auch ihr den Kranken sterben,
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Für eures Volkes Zukunft nehmt Partei!
 
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Ihr müßt das Herz an Eine Karte wagen,
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Die Ruhe über Wolken ziemt euch nicht;
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Ihr müßt euch mit in diesem Kampfe schlagen,
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Ein Schwert in eurer Hand ist das Gedicht.
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O wählt ein Banner, und ich bin zufrieden,
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Ob’s auch ein andres, denn das meine sei;
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Ich hab’ gewählt, ich habe mich entschieden,
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Und meinen Lorbeer flechte die Partei!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.4 KB)

Details zum Gedicht „Die Partei“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
338
Entstehungsjahr
nach 1833
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Georg Herwegh, ein Literaturvertreter des 19. Jahrhunderts und bekannt als wichtige Figur der revolutionären Bewegungen dieser Zeit. Die dichterische Arbeit von Herwegh kann daher thematisch und zeitlich der Epoche des Vormärz und der Revolution von 1848 zugeordnet werden.

Auf den ersten Blick bemerkt man eine gewisse Politisierung des Textes, die stark durch die Erwähnung „der Partei“ im Titel und im gesamten Gedicht unterstrichen wird. Es scheint, dass Herwegh die Dichotomie zwischen politischer Neutralität oder Parteinahme ins Zentrum seines Werkes rückt.

Inhaltlich wirft das lyrische Ich zunächst einen kritischen Blick auf einen Mann, der scheinbar ein Verbrechen begangen hat und nun die „royale Dirne“ genießt, eine Metapher für die Aristokratie. Es spricht von Blut, das die Saat der Tyrannei düngt, und drückt sowohl Sympathie für den Mann als auch Wut gegen das Establishment aus. In der zweiten und dritten Strophe wird der patriotische Ton stärker, während das lyrische Ich zur Parteinahme auffordert und betont, dass selbst die Götter sich positionsgebend in menschliche Angelegenheit einmischen. In der vierten Strophe wird ein Bild der Partei als Bollwerk der Stärke und Stolz präsentiert, das die Menschheit repräsentiert und huldigt. Die fünfte und sechste Strophe schließen mit einer erneuten Aufforderung, sich zu engagieren und Partei zu ergreifen.

In Bezug auf die Form finden wir sechs achteilige Strophen im Gedicht, die dem Muster eines Reimschemas folgen, das in der deutschen Dichtung häufig verwendet wird. Man bemerkt auch einen festen Takt, der Ausdruck des Pathos des Autors sein könnte und zur dramatischen Wirkung des Gedichts beiträgt.

Die Sprache des Gedichts ist geprägt von politischen und militaristischen Metaphern sowie Bibelrezensionen. Sie ist stark und behauptet und zeugt von der revolutionären Haltung des Autors. Es wird klar, dass Herwegh seine Worte sorgfältig gewählt hat, um sein Anliegen auf eindringliche und leidenschaftliche Weise zu artikulieren.

Insgesamt kann das Gedicht als ein Aufruf zur politischen Partizipation und zur Abkehr von politischer Gleichgültigkeit und Untätigkeit gesehen werden. Die wiederholte Aufforderung, Partei zu ergreifen, dient als Manifest für die aktive Beteiligung an der sozialen und politischen Umgestaltung der Gesellschaft. Dabei spielt er darauf an, dass auch die Literatur und ihre Schöpfer sich engagieren und Position beziehen sollen - ihre Worte können sie als „Schwert“ in diesem Kampf benutzen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Partei“ des Autors Georg Herwegh. Im Jahr 1817 wurde Herwegh in Stuttgart geboren. In der Zeit von 1833 bis 1875 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Zürich. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Herwegh ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 338 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Georg Herwegh ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Lied vom Hasse.“, „Den Siegestrunknen.“ und „Der arme Jakob und die kranke Lise.“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Partei“ weitere 200 Gedichte vor.

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