Die Orgel von Ignaz Heinrich Karl von Wessenberg

Wunderschön im hochgewölbten Dom
Schwebst du, wie ein Sternenchor am Himmel;
Deiner Töne feierlichem Strom
Weichet ehrfurchtsvoll das Erdgetümmel.
Ueber die Gemeinde wogt die Flut,
Läutert, wärmt und stärkt mit heil’ger Glut.
 
Mit der Allgewalt der Harmonien
Leitest du, wie Bäche, die Gefühle.
Haß und Neid erlöschen, Sorgen fliehn;
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Staubbewohner stehn verklärt am Ziele.
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Sünder füllst du mit der Wehmuth Schmerz;
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Wenn du jubelst, jubelt jedes Herz.
 
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In der frommen Einfalt schwaches Lied
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Tönst du Kraft, die Herzen zu durchdringen;
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Dem Gesang, von Liebe sanft erglüht,
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Gibst du Flügel, sich zu Gott zu schwingen.
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Tempel und Gemeinde schwebt empor;
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Mitzusingen scheint der Engel Chor.
 
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Heiliger dem Herzen wird das Fest,
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Wird der Trauertag durch deine Klänge.
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Hier am Brautaltar wie Frühlingswest,
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Wie im Hain der Nachtigall Gesänge,
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Künden sie, gleich Donner und Orkan,
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Dort am Grab den Sieg des Geistes an.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.7 KB)

Details zum Gedicht „Die Orgel“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
142
Entstehungsjahr
1834
Epoche
Romantik,
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht mit dem Titel „Die Orgel“ ist vom deutschen Geistlichen und Schriftsteller Ignaz Heinrich Karl von Wessenberg (1774-1860) verfasst worden. Somit lässt sich das Gedicht in die Epoche der Romantik einordnen.

Auf den ersten Blick vermittelt das Gedicht einen starken Eindruck der Ehrfurcht und der Heiligkeit. Der Erzähler beschreibt die Präsenz und Wirkung einer Orgel in einer Kirche mit starken, bildhaften Worten.

In Bezug auf den Inhalt, beschreibt das lyrische Ich die Orgel als etwas Majestätisches, das über den Alltagssorgen der Menschen schwebt und mit seiner heiligen Kraft die Gemeinde reinigt, wärmt und stärkt. In der zweiten Strophe beschreibt der Erzähler, wie die Orgel durch ihre Harmonien die Gefühle der Menschen lenkt, Hass und Neid zum Erlöschen bringt und jeden mit Freude erfüllt. In der dritten Strophe wird hervorgehoben, dass die Orgel selbst das schwächste Lied in der frommen Einfalt mit Kraft erfüllt. Sie gibt dem gesungenen Lied Flügel, um zu Gott hinaufzuschwingen. Die vierte und letzte Strophe erläutert dann die vielfältigen Emotionen, die die Orgel durch ihre Klänge in den Menschen hervorrufen kann - von Freude bis Trauer.

Die Aussage des lyrischen Ichs scheint eine tiefe Anerkennung und Verehrung der Macht der Musik insbesondere der kirchlichen Orgelmusik zu sein. Die Orgel vermag es, durch ihre Töne menschliche Gefühle zu steuern und zu transformieren. Sie scheint das Band zwischen den Menschen und der göttlichen Präsenz zu sein.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen mit jeweils sechs Versen. Dabei macht der Autor Gebrauch von reichen, bildhaften Beschreibungen und Vergleichen („wie ein Sternenchor“, „wie Bäche“, „wie Frühlingswest“), die die Präsenz und Wirkung der Orgel verstärken. Die Sprache ist formal und gehoben, was die Gewichtigkeit und Ehrfurcht unterstreicht, die der Autor für die Orgel hegt. Insbesondere der wiederkehrende Gebrauch von religiösen und heiligen Begriffen („Dom“, „heilig“, „Gott“) verleiht dem Gedicht eine starke sakrale Atmosphäre.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Orgel“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Ignaz Heinrich Karl von Wessenberg. 1774 wurde Wessenberg in Dresden geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1834. Der Erscheinungsort ist Stuttgart und Tübingen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 142 Worte. Die Gedichte „Die Harmonie des Abends“ sind weitere Werke des Autors Ignaz Heinrich Karl von Wessenberg. Zum Autor des Gedichtes „Die Orgel“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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