Die Luft von Johann Gottfried Herder

»Trüber Schleier der Luft, der uns den goldenen Tag raubt,
Uns mit Seuchen und Frost, uns auch mit Launen betrübt.«
Also zürnete ich. – Da klangen liebliche Töne,
Und in entnebelter Luft sangen mir Genien zu.
»Sterblicher, hast du die Morgen-, die Abendröthe gesehen?
Hast du den lieblichen Ton deiner Geliebten gehört?
Sahst du den Regenbogen, und trankst mit der Blume den Thau auf,
Der in der Rose dir lacht, der in der Traube dir glüht?
Unzufriedner, küsse den Saum des wallenden Schleiers,
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Durch den Äther und Licht, Athem und Speise dir ward.«
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die Luft“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
10
Anzahl Wörter
92
Entstehungsjahr
1796
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht stammt von Johann Gottfried Herder, der am 25. August 1744 geboren wurde und am 18. Dezember 1803 verstarb. Es lässt sich zeitlich in das 18. Jahrhundert einordnen.

Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von einem trüben, düsteren Ton, der sich in der Bedeutung des Schleiers, der den goldenen Tag raubt, widerspiegelt. Das lyrische Ich scheint von Krankheiten, Frost und Launen beeinträchtigt und ist darüber verärgert.

Der Inhalt des Gedichts lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Das lyrische Ich äußert zunächst seine Verärgerung über die trübe und schlechte Luft, die den Tag dunkel und den Gemütszustand der Menschen negativ beeinflusst. Doch plötzlich hört es liebliche Töne und erfährt, dass es viel Schönheit und Freude in der Welt gibt. Es wird gefragt, ob das lyrische Ich die Schönheit der Morgen- und Abendröte, den lieblichen Ton der Geliebten, den Regenbogen und den Tau, der in der Blume und Traube vorhanden ist, wahrgenommen hat. Es wird darauf hingewiesen, dass das lyrische Ich zufrieden sein sollte und den Schleier der Luft, der ihm Atmen und Nahrung gibt, küssen sollte.

Die Form des Gedichts besteht aus einer Strophe mit insgesamt zehn Versen. Es fällt auf, dass das Gedicht in einem kreuzweise gereimten Schema aufgebaut ist, bei dem sich der erste und dritte Vers sowie der zweite und vierte Vers reimen. Dies sorgt für eine harmonische Klangwirkung und strukturiert das Gedicht. Die Sprache des Gedichts ist von einer gewissen Dramatik und Mystik geprägt. Es werden stark bildhafte Beschreibungen und antithetische Wendungen verwendet, um die Gegensätze zwischen der trüben Luft und der Schönheit der Welt zu verdeutlichen und dem Leser eine neue Perspektive zu eröffnen. Insgesamt spiegelt das Gedicht eine Auseinandersetzung mit der Natur und dem eigenen Gemütszustand wider. Es zeigt, dass es inmitten der Schwierigkeiten und Ärgernisse des Lebens auch immer noch Schönheit und Freude geben kann, die es zu erkennen und zu schätzen gilt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Luft“ des Autors Johann Gottfried Herder. Der Autor Johann Gottfried Herder wurde 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1796. Neustrelitz ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird der Sturm und Drang auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. Der Epoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Auflehnen gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig junge Autoren im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Vorschein zu bringen, wurde insbesondere darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Die Nachahmung und Idealisierung von Schriftstellern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit seinen beiden wichtigen Vertretern Schiller und Goethe entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Prägend für die Literatur der Weimarer Klassik war die Französische Revolution. Menschen setzten sich dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Der Beginn der Weimarer Klassik ist im Jahr 1786 auszumachen. Die Epoche der Klassik endete im Jahr 1832 mit dem Tod Johann Wolfgang von Goethes. Literarisches Zentrum und Ausgangspunkt der Weimarer Klassik (kurz auch häufig einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Die Weimarer Klassik geht von der Erziehbarkeit des Individuums zum Guten aus. Ihr Bestreben ist die Humanität, die wahre Menschlichkeit (das Schöne, Gute, Wahre). Die Autoren der Weimarer Klassik gingen davon aus, dass Gott den Menschen Vernunft und Gefühle gibt und die Menschen damit dem Leben einen Sinn geben. Das Individuum ist also von höheren Mächten bestimmt. In der Gestaltung wurde das Gültige, Gesetzmäßige, Wesentliche aber auch die Harmonie und der Ausgleich gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache häufig roh und derb ist, bleibt die Sprache in der Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Die bedeutendsten Schriftsteller der Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Andere Schriftsteller der Klassik sind Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Die beiden letztgenannten arbeiteten jeweils für sich. Einen produktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Goethe und Schiller.

Das Gedicht besteht aus 10 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 92 Worte. Weitere Werke des Dichters Johann Gottfried Herder sind „An die Freundschaft“, „Apollo“ und „Bilder und Träume“. Zum Autor des Gedichtes „Die Luft“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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