Die Journalisten und Minos von Friedrich Schiller
1781
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Mir kam vor wenig Tagen |
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Wie? fragt mich eben nicht, |
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Vom Reich der ewgen Plagen |
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Die Zeitung zu Gesicht. |
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Sonst frag ich diesem Essen |
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Wo noch kein Kopf zerbrach, |
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Dem Freykorps unsrer Pressen |
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Wie billig, wenig nach. |
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Doch eine Randgloß lokte |
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Izt meinen Fürwiz an, |
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Denkt! wie das Blut mir stokte, |
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Als ich das Blatt begann: |
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„Seit zwanzig herben Jahren“ |
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(Die Post, versteht sich, muß |
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Ihr saures Stündchen fahren |
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Hieher vom Erebus) |
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„Verschmachteten wir Arme |
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„In bittrer Wassersnoth, |
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„Die Höll kam in Allarme |
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„Und foderte den Tod. |
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„Den Styx kann man durchwaten, |
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„Im Lethe krebset man, |
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„Freund Charon mag sich rathen, |
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„Im Schlamme liegt sein Kahn. |
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„Kek springen schon die Tode |
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„Hinüber, jung und alt, |
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„Der Schiffer kommt vom Brode |
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„Und flucht die Hölle kalt. |
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„Fürst Minos schikt Spionen |
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„Nach allen Gränzen hin, |
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„Die Teufel müssen frohnen, |
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„Ihm Kundschaft einzuziehn. |
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„Juhe! Nun ists am Tage! |
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„Erwischt das Räubernest! |
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„Heraus zum Freudgelage! |
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„Komm Hölle komm zum Fest! |
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„Ein Schwarm Autoren spükte |
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„Um des Kozytus Rand, |
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„Ein Dintenfäßgen schmükte |
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„Die ritterliche Hand, |
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„Hier schöpften sie, zum Wunder |
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„Wie Buben süssen Wein |
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„In Röhren von Hollunder, |
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„Den Strom in Tonnen ein. |
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„Husch! Eh sie sich’s versahen! |
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„Die Schlingen über sie! – |
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„Man wird euch schön empfahen |
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„Kommt nur nach Sanssouci. |
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„Schon wittert sie der König, |
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„Und wezte seinen Zahn, |
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„Und schnauzte drauf nicht wenig |
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„Die Delinquenten an. |
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„Aha! sieht man die Räuber? |
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„Weß Handwerks? Welches Lands? |
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„„Sind teutsche Zeitungsschreiber!““ |
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„Da haben wir den Tanz! |
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„Schon hätt ich Lust gleichbalden |
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„Euch, wie ihr geht und steht, |
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„Bei’m Essen zu behalten, |
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„Eh euch mein Schwager mäht. |
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„Doch schwör’ ichs hier bei’m Styxe, |
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„Den eure Brut bestahl! |
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„Euch Marder und euch Füchse |
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„Erwartet Schand und Qual! |
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„So lange, bis er splittert, |
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„Spaziert zum Born der Krug! |
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„Was nur nach Dinten wittert |
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„Entgelte den Betrug! |
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„Herab mit ihren Daumen! |
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„Laßt meinen Hund heraus! |
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„Schon wässert ihm der Gaumen |
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„Nach einem solchen Schmaus. |
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„Wie zukten ihre Waden |
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„Vor dieses Bullen Zahn! |
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„Es schnalzen Seine Gnaden, |
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„Und Joli pakte an. |
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„Man schwört, daß noch der Stumpen |
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„Sich krampfigt eingedrukt, |
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„Den Lethe auszupumpen |
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„Noch gichterisch gezukt. |
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Und nun, ihr guten Christen |
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Beherziget den Traum! |
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Fragt ihr nach Journalisten, |
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So sucht nur ihren Daum! |
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Sie bergen oft die Lüken, |
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Wie Jauner ohne Ohr |
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Sich helfen mit Perüken, – |
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Probatum! Gut davor! |
Details zum Gedicht „Die Journalisten und Minos“
Friedrich Schiller
22
88
381
1781
Sturm & Drang,
Klassik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Die Journalisten und Minos“ stammt von Friedrich Schiller und wurde vermutlich im 18. Jahrhundert geschrieben, da Schiller 1805 verstarb.
Beim ersten Lesen des Gedichts fällt auf, dass es sich um eine satirische Auseinandersetzung mit Journalisten handelt. Der Ton des Gedichts ist sarkastisch und spöttisch, was eine kritische Haltung gegenüber der Presse nahelegt.
Der Inhalt des Gedichts ist eine Darstellung der journalistischen Arbeit, die in Anlehnung an die griechische Mythologie dargestellt wird. Das lyrische Ich berichtet von einer Zeitung, die es kürzlich gelesen hat. Es stellt fest, dass normalerweise nicht viel Interesse für solche Zeitungen besteht, doch diesmal wurde die Aufmerksamkeit des lyrischen Ichs geweckt. In der Zeitung wird von den „ewigen Plagen“ berichtet, die die Journalisten seit zwanzig Jahren durchleben. Es wird von einem Leiden, einer Wassernot und dem Ruf nach dem Tod gesprochen. Eine Anspielung auf den Fluss Styx und den Fährmann Charon wird gemacht, der im Schlamm festsitzt. Auch die Toten werden erwähnt, die bereits springen und der Schiffer, der von der Hölle flucht. Es wird von Fürst Minos gesprochen, der Spione schickt, um Informationen über die Journalisten zu sammeln. Schlussendlich wird die Aufforderung ausgesprochen, dass die Hölle zum Fest kommen soll, um die Journalisten zu bestrafen.
Formal betrachtet besteht das Gedicht aus 22 Strophen mit jeweils 4 Versen. Die Reimstruktur ist durchgehend, wobei sich jeweils die ersten beiden und die letzten beiden Verse einer Strophe reimen. Die Sprache des Gedichts ist recht einfach gehalten und bedient sich vieler bildlicher Ausdrücke und Anspielungen aus der griechischen Mythologie, um die Kritik an den Journalisten zu verdeutlichen. Der ironische Ton wird durch den Einsatz von Kontrasten und Übertreibungen verstärkt.
Insgesamt kann das Gedicht als scharfe Kritik an der Arbeit der Journalisten verstanden werden. Schiller greift hierbei zu satirischen Mitteln, um seine Kritik auszudrücken. Er wirft den Journalisten vor, dass sie auf Sensationsgier und Skandalisierung aus sind und dabei die Wahrheit vernachlässigen. Die Übertragung der journalistischen Arbeit in das Reich der Mythologie ist eine ironische Darstellung der scheinbaren Allmacht der Presse, die die Existenz und das Leben der Menschen beeinflusst. Mit dem Bild von Minos als einer Figur, die die Journalisten überwacht und bestraft, wird deutlich, dass Schiller dem Journalismus eine große Kontrollmacht zuschreibt.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Journalisten und Minos“ des Autors Friedrich Schiller. Im Jahr 1759 wurde Schiller in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1781 zurück. Stuttgart ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei Schiller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.
Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. Der Sturm und Drang war die Phase der Rebellion junger deutscher Autoren, die sich gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System wendeten. Bei den Schriftstellern handelte es sich meist um Autoren jüngeren Alters. Meist waren die Vertreter unter 30 Jahre alt. Die Schriftsteller versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die alten Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.
Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der Literatur, die insbesondere von den Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller geprägt wurde. Die Italienreise Goethes im Jahr 1786 markiert den Beginn der Epoche. Das Todesjahr von Goethe, 1832, markiert das Ende der Weimarer Klassik. In der Epoche sind Einflüsse der Französischen Revolution festzustellen. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Zu den essenziellen Motiven der Klassik gehören unter anderem Menschlichkeit und Toleranz. In der Lyrik haben die Dichter auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Beispielsweise war so die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders beliebt. Des Weiteren verwendeten die Dichter jener Zeit eine gehobene, pathetische Sprache. Goethe, Schiller, Wieland und Herder bildeten das „Viergestirn“ der Weimarer Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.
Das 381 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 88 Versen mit insgesamt 22 Strophen. Die Gedichte „An die Gesetzgeber“, „An die Parzen“ und „An die Sonne“ sind weitere Werke des Autors Friedrich Schiller. Zum Autor des Gedichtes „Die Journalisten und Minos“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 220 Gedichte vor.
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