Zweimal hab ich dich gesehn von Clemens Brentano
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Zweimal hab' ich dich gesehn, |
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Bei der einz'gen, die mir lebet, |
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Und es war, als käm' ein Wehn |
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Über Gräber hergeschwebet. |
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Eine Stille ist in dir, |
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Die beruhiget und schweiget, |
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Diese hat im Herzen mir |
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Fern und nahes Glück gezeiget. |
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Vor den Furien auf der Flucht |
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Hab' ich nach geweihten Orten, |
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Oft mit heißer Angst gesucht |
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Weinend vor verschloßnen Pforten, |
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Und so habe ich gelernt, |
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Liebe Herzen zu erschauen, |
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Wo die Quäler sich entfernt, |
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Konnt' ich wie ein Kind vertrauen. |
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Selten doch ist mir geschehn, |
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In die Freistatt einzudringen |
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Immer muß ich draußen stehn, |
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Wo sie ihre Geißeln schwingen. |
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Aber du, du bist recht gut, |
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Als ich bei dir eingetreten, |
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Hat in mir das Herz geruht, |
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Ja ich könnte bei dir beten. |
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Wenig Worte sprachen wir, |
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Doch hast du mich viel gelehret, |
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Denn ein Schweigen ist in dir, |
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Das man mit der Seele höret. |
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Was mich blühend einst berückt, |
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Was mich scheidend jetzt versöhnet, |
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Hast auch du ans Herz gedrückt, |
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Hat auch dir den Traum verschönet. |
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Abgemähet war das Feld, |
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Nach der Ernde gieng ich fragen, |
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Und mir ward da freigestellt |
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Meine Armut frei zu sagen. |
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Und so hör' dann ohne Arg: |
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Vor mir wird ein Kreuz getragen, |
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Unter Blumen in dem Sarg |
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Scheint mein Herz schier noch zu schlagen. |
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Hat die Ährenleserin |
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Nichts als Unkraut gleich gefunden, |
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Hat sie doch mit frommem Sinn |
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Diesen Erndekranz gewunden. |
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Keiner folgt, als sie allein, |
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Die gern mit dem Kreuze gehet, |
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Und sie wird auch bei mir sein, |
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Wenn's auf meinem Hügel stehet. |
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Wird es schmücken mit dem Kranz, |
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Den sie meinem armen Leben |
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Ohne Tugend, ohne Glanz |
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Auf den letzten Weg gegeben. |
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Wird auch beten bei dem Grab, |
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Wenn, den sie verlassen haben, |
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Den ihr Gott als Kranken gab, |
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Wenn den Toten sie begraben. |
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Als zur Kirche du wolltst gehen; |
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Bist du Braut zu uns gekommen, |
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Hast den Totenkranz gesehen, |
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Und der Tote rief: willkommen! |
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Willst du mir die Liebe tun, |
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Gieb mir ein paar Schritt Geleite |
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Leichter wird es mir, zu ruhn |
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Gehst du still an ihrer Seite. |
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Denk dabei an meinen Kranz, |
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Und an die, die ihn gewunden, |
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Wie von solchem Duft und Glanz |
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Keiner nie mehr wird gefunden. |
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Denk, daß dieser Rosen Glut |
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An den Wunden sich entzündet, |
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Deren übersinnlich Blut |
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Unsre Sünde überwindet. |
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Denk, die Maienglöckchen weiß |
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Perlen sind, die Sie gewonnen, |
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Als des Herren Todesschweiß |
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Auf ihr kindisch Herz geronnen. |
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Und die Astern Sterne sind, |
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Überm Haupt Ihr aufgegangen |
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Als das Kind zum Heilandskind |
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In der Krippe trug Verlangen. |
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Denk, hier die Vergißmeinnicht |
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Blicke sind, die fromm Sie hebet, |
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Wenn Sie zu dem Heiland spricht, |
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Der für uns am Kreuze schwebet. |
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Ja der Kranz der liebsten Braut, |
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Dürft' ein Sterbender ihn wählen, |
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Könnte nimmer so vertraut |
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Mit dem Leben ihn vermählen. |
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Blumen von so ew'gem Glanz |
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Wie sie meinen Sarg bekränzen |
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Schmückten keinen Hochzeitskranz |
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Seit der Welt, seit allen Lenzen. |
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Und so nenn' ich dich beglückt, |
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Weil du in umkränzten Tagen |
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Jenen Kranz ans Herz gedrückt, |
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Den ich bis ins Grab darf tragen. |
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Ewig lieb bleibt mir dein Bild, |
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Treu will ich's im Herzen hüten, |
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Weil du sprachst so leis und mild: |
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O wie glänzen diese Blüten! |
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Wohl ist dies ein andrer Glanz, |
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Als der Strahl im Frühlingsliede, |
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Als die Glut in Sommers Kranz, |
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Als der Schein in Herbstes Friede. |
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Alle hab' ich dir gezeigt, |
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Dich ergötzte all dies Funkeln, |
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Als die Sonne sich geneigt, |
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Schimmerte es süß im Dunkeln. |
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Aber dann, dann kam die Nacht, |
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Hat mir vieles zugedecket, |
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Bei mir hat der Traum gewacht, |
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Hat mir alles auferwecket. |
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Komm nur mit, kein Blättchen rauscht, |
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Still ist's auf den vielen Hügeln, |
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Regt sich einer wohl, und lauscht, |
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Ist's mit angstgebundnen Flügeln. |
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Sitze nieder! schweigend Bild, |
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Horcht nur zu, ihr armen Seelen, |
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Wie der Herr unendlich mild, |
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Hör', jetzt will ich's dir erzählen. |
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Glaube, den ich stolz verschwur, |
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Hoffnung, die ich schnöd zerrissen |
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Liebe, die ich nie erfuhr |
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Kehrten heim mit dem Gewissen. |
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Daß das heil'ge hohe Lied |
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Mir konnt Sinnentaumel scheinen, |
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Muß, der durch den Spiegel sieht, |
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Himmeltrunken ich beweinen. |
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Denn es schwand das Feuerband |
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Das die bunte Wehmut webte, |
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Als ich vor der Sonne stand |
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Und nach ird'schen Farben strebte. |
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Du auch hast dein sehnend Herz |
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In dies Abendrot getauchet, |
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Deine Wonne, deinen Schmerz |
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In dies tönend Wehn gehauchet. |
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Doch ich hab' in ihm gewohnt, |
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Wie ein Pfau ihm nachgeschrieen |
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Übers Grab den ernsten Mond |
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Ich wie einen Geist sah ziehen. |
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Ach, es war nicht Gott in mir, |
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Einem falschen Schmerz ergeben |
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Suchte ich mit wilder Gier |
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In dem Schein den Schatz zu heben. |
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Nicht die frommgestirnte Nacht |
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Zog mich auf zu heil'ger Ferne |
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Wo die Glut auf Schätzen lacht |
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Sucht' ich meine Schicksalssterne. |
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Doch die Schätze dieser Welt |
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Sind so arglistig bedinget |
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Daß mitsamt dem Schatz verfällt |
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Wer ihn mühsam auch erringet. |
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Glimmen sah ich's hier und dort, |
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In die Glut, den Schatz zu heben, |
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Warf ich manch ein Kleinod fort, |
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Immer muß ein Pfand man geben. |
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Heil'ge Pfänder trug ich viel, |
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Daß ich bar von ihnen werde |
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War allein des Feindes Ziel |
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Der die Schätze hat der Erde. |
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Und er ließ am Abgrund hin |
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Melusinenlippen lachen |
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Und Sirenentöne ziehn, |
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Eh' der Drache zeigt den Rachen. |
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Poesie, die Schminkerin |
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Nahm mir Glauben, Hoffen, Beten |
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Daß ich wehrlos worden bin, |
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Nackt zur Hölle hingetrieben. |
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Nur ein Schild blieb unbewußt |
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Mir noch aus der Unschuld Tagen |
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Heil'ge Kunst auf Stirn und Brust |
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Ein katholisch Kreuz zu schlagen. |
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Längst vergessen war dies Gut, |
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Und als Pfand mein Christenleben |
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Warf ich in die falsche Glut |
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Um den bösen Schatz zu heben. |
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Doch die Hölle stieß mich aus, |
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Denn dort wird kein Kreuz gelitten |
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Zwischen Licht und finsterm Graus |
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Schwebt' ich in der Wüste Mitten. |
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Wie in einem kalten Schacht |
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Hab' ich da gezagt, getrauert, |
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In die Säule eigner Nacht, |
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War ich Böser eingemauert. |
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Und als ringend ich erkannt |
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Wer ich sei und wer gewesen, |
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Ich den Mutterpfennig fand, |
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Kreuz! du kannst allein erlösen! |
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Aus der Nacht zur lichten Höh' |
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Ward das Kreuz, das ich geschlagen |
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Wie ein Lotos aus dem See |
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Liebesuchend aufgetragen. |
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Oben aber war ein Land |
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Und ein Kind, das Blumen pflückte, |
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Und mein Kreuz, das vor ihm stand |
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Pflückte und ans Herz dann drückte, |
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Gleich hat es mein Kreuz erkannt, |
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Flocht mir eine Dornenleiter, |
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Tief hinab mit frommer Hand, |
200 |
Und ich stieg mit Schmerzen weiter. |
Details zum Gedicht „Zweimal hab ich dich gesehn“
Clemens Brentano
50
200
1040
1820
Romantik
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichtes „Zweimal hab ich dich gesehn“ ist Clemens Brentano. 1778 wurde Brentano in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1820 zurück. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Literatur der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (1789 - 1799) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Technik und Wissenschaft, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. Die zentralen Motive der Literatur der Romantik sind das Schaurige, Leidenschaftliche, Unterbewusste, Fantastische, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die Romantiker sehnen sich nach der Einheit von Geist und Natur. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände dieser Zeit bleiben jedoch unerwähnt. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.
Das Gedicht besteht aus 200 Versen mit insgesamt 50 Strophen und umfasst dabei 1040 Worte. Die Gedichte „Abschied vom Rhein“, „O Traum der Wüste, Liebe, endlos Sehnen“ und „Was reif in diesen Zeilen steht“ sind weitere Werke des Autors Clemens Brentano. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Zweimal hab ich dich gesehn“ weitere 297 Gedichte vor.
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Zum Autor Clemens Brentano sind auf abi-pur.de 297 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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