Die Herrlichkeit der Schöpfung von Friedrich Schiller

Eine Fantasie

Vorüber war der Sturm, der Donner Rollen
Das hallende Gebirg hinein verschollen,
Geflohn die Dunkelheit;
In junger Schöne lächelten die Himmel wieder
Auf ihre Schwester, Gottes Erde, nieder
Voll Zärtlichkeit.
Es lagen lustig da, die Auen und die Thale,
Aus Maigewölken von der Sonnen Strahle
Holdseelig angelacht:
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Die Ströme schimmerten, die Büsch’ und Wäldchen alle
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Bewegten freudig sich im thauigen Crystalle
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In funkelndlichter Pracht.
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Und sieh! da hebt von Berg zu Berg sich prächtig ausgespannt
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Ein Regenbogen über’s Land. –
 
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In dieser Ansicht schwamm vom Broken oben
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Mein Auge trunken, als ich aufgehoben
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Mich plözlich fühlte . . . . Heilig heil’ge Lüfte kamen
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Und webten zärtlich mich, indessen über mir
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Stolztragend über’s All den Ewigen daher
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Die innre Himmel majestätisch schwamen.
 
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Und izt trieb ein Wind
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Fort die Wolken, mich auf ihrem Zuge,
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Unter mir wichen im Fluge
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Schimmernde Königesstädte zurük,
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Schnell wie ein Blik,
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Länderbeschattende Berge zurük,
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Und das schönste Gemisch von blühenden Feldern,
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Goldenen Saaten und grünenden Wäldern,
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Himmel und Erde im lachenden Glanz
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Wiegten sich um mich im sanftesten Tanz.
 
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Da schweb ich nun in den saphirnen Höhen
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Bald über’m unabsehlich weiten Meer;
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Bald seh’ ich unter mir ein langes Klippenheer,
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Izt grausenvolle Felsenwüsten stehen,
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Und dort den Frühling mir entgegenwehen;
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Und hier die Lichtesköniginn,
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Auf rosichtgoldnen Wolken hingetragen,
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Zu ihrer Himmelsruhe ziehn.
 
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O welch Gesicht! Mein Lied! wie könntest du es sagen
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Was dieses Auge trank vom weltumwandelnden Wagen?
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Der Schöpfung ganze Pracht, die Herrlichkeit,
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Die in dem Einsamen der dunkeln Ewigkeit
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Der Allerhöchste ausgedacht,
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Und sich zur Augenlust, und euch, o Menschen!
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Zur Wohnung hat gemacht,
 
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Lag vor mir da! . . . Und welche Melodien
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Dringen herauf? welch unaussprechlicher Klang
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Schlägt mein entzüktes Ohr? . . Der grose Lobgesang
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Tönt auf der Laute der Natur! . . In Harmonien,
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Wie einen süsen Tod verlohren, preißt
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Den Herrn des Alls mein Geist!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.9 KB)

Details zum Gedicht „Die Herrlichkeit der Schöpfung“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
51
Anzahl Wörter
300
Entstehungsjahr
1782
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Herrlichkeit der Schöpfung“ wurde von Friedrich Schiller verfasst und kann zeitlich in die Zeit um das späte 18. Jahrhundert bis zum frühen 19. Jahrhundert eingeordnet werden.

Beim ersten Eindruck des Gedichts wird deutlich, dass es sich um eine Beschreibung der Schönheit und Pracht der Natur handelt, die das lyrische Ich erlebt. Es wird eine positive Stimmung vermittelt, da der Sturm vorüber ist und die Himmel wieder strahlend schön sind. Es werden verschiedene Elemente der Natur, wie Auen, Täler, Flüsse, Wälder und ein Regenbogen, beschrieben.

Der Inhalt des Gedichts besteht darin, dass das lyrische Ich eine wunderschöne Landschaft betrachtet, in der die Natur in voller Pracht erstrahlt. Es empfindet beim Anblick der Natur, die von einem Regenbogen überzogen ist, Zärtlichkeit und Ergriffenheit. Es fühlt sich vom Anblick der majestätischen Natur und dem Gefühl von heiligen, sanften Lüften erfüllt. Das lyrische Ich fühlt sich erhaben und von der Schönheit der Natur überwältigt. Es beschreibt, wie es in den saphirnen Höhen schwebt und verschiedene Landschaften und Naturphänomene von oben betrachtet, wie das offene Meer, Felsenwüsten und den Frühling. Das lyrische Ich ist sprachlos angesichts der Pracht der Schöpfung, die von Gott erschaffen wurde, und fühlt sich von den Melodien und Harmonien, die es wahrnimmt, verzaubert.

Das Gedicht besteht aus sechs Strophen, wobei die erste Strophe 14 Verse hat, die zweite Strophe 6 Verse, die dritte Strophe 10 Verse, die vierte Strophe 8 Verse, die fünfte Strophe 7 Verse und die letzte Strophe 6 Verse. Es ist in einem Reimschema verfasst, das sich durch Paarreime und Kreuzreime auszeichnet. Die Sprache des Gedichts ist poetisch und bildhaft, mit starken Naturmetaphern und einem ausdrucksstarken Vokabular, um die Schönheit der Schöpfung zu beschreiben. Es werden auch rhetorische Stilmittel wie Anapher und Wiederholung verwendet, um bestimmte Aussagen zu betonen. Insgesamt vermittelt das Gedicht durch seine Form und Sprache die Pracht und Erhabenheit der Natur.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die Herrlichkeit der Schöpfung“ ist Friedrich Schiller. Schiller wurde im Jahr 1759 in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1782 entstanden. Erschienen ist der Text in Stuttgart. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Schiller ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Als Sturm und Drang (auch Genieperiode oder Geniezeit) bezeichnet man eine Epoche der Literatur, die auf die Jahre 1765 bis 1790 datiert werden kann. Sie knüpfte an die Empfindsamkeit an und ging später in die Klassik über. Die Literaturepoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich dabei gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich darüber hinaus auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Bei den Schriftstellern handelte es sich meist um Autoren jüngeren Alters. Meist waren die Vertreter unter 30 Jahre alt. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden dennoch geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Schiller, Goethe und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Goethe (geboren am 28. August 1749 in Frankfurt am Main; verstorben am 22. März 1832 in Weimar) ist einer der bedeutendsten Dichter der Weimarer Klassik. 1786 unternahm Goethe eine Italienreise, diese wird heute als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Das Ende der Epoche ist im Jahr 1832 auszumachen. Sowohl Klassik als auch Weimarer Klassik sind oftmals verwendete Bezeichnungen für die Literaturepoche. In Anlehnung an das antike Kunstideal wurde in der Weimarer Klassik nach Vollkommenheit, Harmonie, Humanität und der Übereinstimmung von Form und Inhalt gesucht. In der Gestaltung wurde das Wesentliche, Gültige, Gesetzmäßige aber auch der Ausgleich und die Harmonie gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache häufig roh und derb ist, bleibt die Sprache in der Weimarer Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Die bekanntesten Vertreter der Weimarer Klassik sind: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland.

Das vorliegende Gedicht umfasst 300 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 51 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich Schiller sind „An einen Moralisten“, „Bacchus im Triller“ und „Baurenständchen“. Zum Autor des Gedichtes „Die Herrlichkeit der Schöpfung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 220 Gedichte vor.

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