Abschied dem Jahre 1834 von Clemens Brentano
1 |
Leb wohl du Jahr voll Tränen! |
2 |
O lasse mich an deinem letzten Tag |
3 |
Noch einmal selig wähnen, |
4 |
Daß ich an einem Kinderherzen lag! |
|
|
5 |
Geh hin du Jahr voll Tränen! |
6 |
Tritt glaubend hin vor Gottes Thron, |
7 |
Er wird um krankes Sehnen |
8 |
Dich strenge richten, nimmer doch um Hohn! |
|
|
9 |
O selig Jahr voll Tränen! |
10 |
War dir auch früh das tiefre Wort geraubt, |
11 |
So war der Strom der Tränen |
12 |
Zu ihren Füßen oft dir doch erlaubt! |
|
|
13 |
O liebes Jahr voll Tränen! |
14 |
O dichte Saat, wie segnend reift dein Schmerz, |
15 |
O hochbelohnt! mein Sehnen! |
16 |
Ich fühlte jauchzend, ja! sie hat ein Herz! |
|
|
17 |
O Jahr von heißen Tränen! |
18 |
Geheimnisvoller, als sie weiß, berauscht, |
19 |
Was all sie kann verschönen, |
20 |
Du hast in Tränen sterbend es belauscht. |
|
|
21 |
O Jahr voll bitt'rer Tränen! |
22 |
Ist irgend Gottes Wahrheit offenbar, |
23 |
Ist vieles hier nur Wähnen, |
24 |
So opfre, weine darum am Altar! |
|
|
25 |
O Jahr voll tiefer Tränen! |
26 |
Du magst vertraut dein armes müdes Haupt, |
27 |
Ans Kreuz nur ruhig lehnen, |
28 |
Du hast geliebet, hast gehofft, geglaubt. |
|
|
29 |
O teures Jahr voll Tränen! |
30 |
Du bist in bittrer Reue Flut getauft, |
31 |
Der wird uns auch versöhnen, |
32 |
Der uns mit seiner Weihe Blut erkauft. |
|
|
33 |
Geh hin! du Jahr voll Tränen! |
34 |
Geh, werfe dich zu ihren Füßen hin! |
35 |
Und wasche sie mit Tränen |
36 |
Sag ihr, daß ich ihr armer Bruder bin! |
|
|
37 |
Ihr Bruder ganz in Tränen, |
38 |
Ihr kranker Bruder, um die eigne Schuld, |
39 |
Um fremde Schuld in Tränen, |
40 |
Ihr Bruder weinend um der Väter Schuld! |
|
|
41 |
O sterbe Jahr in Tränen |
42 |
Weil unsrer Väter Schuld die Kinder trennt, |
43 |
Und diesen scheint ein Wähnen |
44 |
Was unsre Mutter ew'ge Wahrheit nennt. |
|
|
45 |
Leb wohl du Jahr voll Tränen, |
46 |
O lasse mich an deinem letzten Tag |
47 |
Noch einmal selig wähnen, |
48 |
Daß ich an einem Kinderherzen lag. |
Details zum Gedicht „Abschied dem Jahre 1834“
Clemens Brentano
12
48
284
1778 - 1842
Romantik
Gedicht-Analyse
Clemens Brentano ist der Autor des Gedichtes „Abschied dem Jahre 1834“. Der Autor Clemens Brentano wurde 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Im Zeitraum zwischen 1794 und 1842 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Brentano handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik ist eine Epoche der Kunstgeschichte, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert hinein die Literatur, Musik, Kunst und Philosophie prägte. Auf die Literatur beschränkt betrachtet reichen die Auswirkungen der Epoche lediglich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hinein. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Welt, die sich durch die einsetzende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind wichtige zu benennende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben jedoch unbeachtet. Die äußere Form von romantischer Literatur ist dabei völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.
Das vorliegende Gedicht umfasst 284 Wörter. Es baut sich aus 12 Strophen auf und besteht aus 48 Versen. Clemens Brentano ist auch der Autor für Gedichte wie „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“, „Ihr himmlischen Fernen“ und „Brautgesang“. Zum Autor des Gedichtes „Abschied dem Jahre 1834“ haben wir auf abi-pur.de weitere 297 Gedichte veröffentlicht.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Clemens Brentano
Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Clemens Brentano und seinem Gedicht „Abschied dem Jahre 1834“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.
- Brentano, Clemens - Der Spinnerin Nachtlied (Gedichtinterpretation)
- Brentano, Clemens - Sprich aus der Ferne (Stichpunkte zum Gedicht)
- Brentano, Clemens - In der Fremde (Gedichtinterpretation)
- Brentano, Clemens - Sprich aus der Ferne (Gedichtanalyse)
- Brentano, Clemens - Sprich aus der Ferne (Gedichtinterpretation)
Weitere Gedichte des Autors Clemens Brentano (Infos zum Autor)
- Als Herr Künzel neulich bat
- Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...
- Ihr himmlischen Fernen
- Brautgesang
- Abschied vom Rhein
- O Traum der Wüste, Liebe, endlos Sehnen
- Was reif in diesen Zeilen steht
- Wenn der lahme Weber träumt, er webe
- Im Wetter auf der Heimfahrt
- Die Abendwinde wehen
Zum Autor Clemens Brentano sind auf abi-pur.de 297 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt