Als er im Lieben vorsichtig seyn wollte von Johann Christian Günther
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Glaubt es nicht, ihr falschen Blicke, |
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Daß ihr mich ins Neze zieht, |
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Weil mein Herz auch goldne Stricke |
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Und gepuzte Brücken flieht. |
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Farbe kan den Geist wohl stärcken, |
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Und der Mienen Schmeicheley |
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Dient wohl oft zu Satans Wercken, |
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Aber nicht zu wahrer Treu. |
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O wie manchem kömmt der Glaube |
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Mit der Nachreu in die Hand, |
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Wenn er bey verbuhltem Raube |
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Kraft und Kosten aufgewand. |
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Wie das Morgenroth dem Tage |
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Wind und Regen prophezeit, |
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Also kommt ein Haus voll Plage |
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Durch ein Kind der Eitelkeit. |
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Blumen stehn in ihrem Kleide |
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Auf den Feldern noch so schön |
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Als auf Leinwand oder Seide, |
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Wo sie Strich und Kunst erhöhn; |
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Mir gefällt bey netten Sachen |
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Stets die Einfalt der Natur, |
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Und wo fremde Wangen lachen, |
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Sieht mein Eckel gleich die Spur. |
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Überhaupt blüht mein Vergnügen |
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Noch bis jezo ganz allein; |
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Soll was Süßes bey mir liegen, |
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Muß es nur die Freyheit seyn, |
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Weil mein Geist an ihrer Seite |
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Lauter Himmelsträume spürt, |
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Ob gleich Belgrads reiche Beute |
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Eben nicht mein Lager ziert. |
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Zwar ich will es nicht verschwören, |
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Weil die Liebe, wie man sagt, |
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Die, so ihr den Rücken kehren, |
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Öfters unverhoft erjagt; |
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Ich befind auch mir im Herzen |
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Einen Zunder, der leicht fängt, |
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Wenn der schönen Kinder Scherzen |
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Lust und Glut ins Auge senckt. |
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So weit kann ich mich vermeßen, |
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Daß mich wohl kein Kind berückt, |
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Deßen Anmuth und Caressen |
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Nicht der Tugend Wohlstand schmückt; |
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Find ich Wiz und Treu beysammen |
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Und Vernunft und Zucht vermehlt, |
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O so will ich gern die Flammen, |
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Deren Reizung zärtlich quält. |
Details zum Gedicht „Als er im Lieben vorsichtig seyn wollte“
Johann Christian Günther
6
48
253
1695 - 1723
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Als er im Lieben vorsichtig seyn wollte“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Christian Günther. 1695 wurde Günther in Striegau geboren. Im Zeitraum zwischen 1711 und 1723 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Literaturepoche des Barocks erstreckt sich über den Zeitraum von 1600 bis etwa 1720. Diesen Zeitraum kann man in drei Abschnitte unterteilen: Früh-, Hoch- und Spätbarock. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden weite Teile des Deutschen Reiches zerstört. Die Menschen der damaligen Zeit, damals durch ein starkes soziales Gefälle zwischen Hof und Provinz geprägt, litten folglich unter den katastrophalen Kriegseinwirkungen. Viele Menschen starben an den Folgen des Krieges und der Pest. Die Epoche des Barocks wurde davon maßgeblich geprägt. Die Literatur des Barocks ist beeinflusst von der Antithetik. Das heißt, die Menschen nahmen ihre Welt als widersprüchlich und gegensätzlich war. Das Leben der einfachen Bevölkerung war von Armut, Krieg und Krankheit geprägt. An den Fürstenhöfen herrschten jedoch Luxus und Verschwendung. In der vorherigen Epoche (Renaissance) waren noch viele Werke auf Lateinisch geschrieben worden. Mit dem Barock begann jedoch die Zeit der deutschsprachigen Literatur. Zu den bedeutendsten Lyrikern des Barocks gehören: Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Paul Fleming und Caspar Ziegler.
Das 253 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Die Gedichte „Abendlied“, „Rosen“ und „So aber sucht man ihm die Wege vorzuschreiben“ sind weitere Werke des Autors Johann Christian Günther. Zum Autor des Gedichtes „Als er im Lieben vorsichtig seyn wollte“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 264 Gedichte vor.
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