Als die Phillis zu Waszer verreisen wollte von Johann Christian Günther

Du hast mich klug genug probiert
Und kennst, mein Kind, mein zärtlich Lieben;
So scharf du mich herum geführt,
So fest ist Wuntsch und Treu verblieben,
Da nichts als Phillis in der Welt
Mir noch die Sterbenslust vergällt.
 
Aus dieser süßen Redligkeit
Entspringt nunmehr mein traurig Wesen;
Du fühlst ja wohl mein zitternd Leid
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Und kanst es aus der Stirne lesen.
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Was macht es? Dein verwegner Schritt,
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Der hurtig an das Ufer tritt.
 
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Dein Abschied lockt dich auf das Meer;
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Ich dörfte dich bald thöricht nennen.
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Wo nimmstu das Vertrauen her?
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Du must das Waßer noch nicht kennen;
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Ach, hat man dir noch nicht erzehlt,
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Was Hero vor ein Grab gewehlt?
 
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Die Trennung thut mir freylich weh,
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Doch fürcht ich mehr um deinetwegen.
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Was wird dir nicht die wilde See
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Vor Eckel, Schmerz und Angst erregen,
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Wenn Wetter, Sturm und Bliz und Nacht
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Compaß und Mast zu Schanden macht!
 
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Geh in dich, allerliebster Schaz,
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Und untersuche dein Gewißen;
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Hier ist der Rache Richterplaz,
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Hier muß der kleinste Meineid büßen.
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Wer weis, wie oft auch meine Treu
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Von dir bisher beleidigt sey!
 
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Ist aber ja kein Halten mehr,
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So seegle mit geneigten Winden!
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Der Himmel giebt auch mir Gehör,
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Du wirst den Hafen glücklich finden;
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Doch, Engel, denck auch stets an den,
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Den Stern und Ufer warthen sehn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.8 KB)

Details zum Gedicht „Als die Phillis zu Waszer verreisen wollte“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
217
Entstehungsjahr
1695 - 1723
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Als die Phillis zu Waszer verreisen wollte“ des Autors Johann Christian Günther. Günther wurde im Jahr 1695 in Striegau geboren. In der Zeit von 1711 bis 1723 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Günther ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die europäische Stilepoche des 17. und 18. Jahrhunderts, die wir heute als Barock bezeichnen, leitet sich aus dem Portugiesischen ab. Das portugiesische Wort stammt ursprünglich aus dem Juwelierhandwerk und heißt auf Deutsch „unregelmäßige, schiefrunde Perle“. Die Zeit des Barocks wurde durch den Dreißigjährigen Krieg geprägt – Hunger, Seuchen (insbesondere die Pest), Vergewaltigung und Tod sorgten für enormes Leid bei den Menschen in Europa. So verkleinerte sich die Bevölkerung im Deutschen Reich von etwa 28 Millionen im Jahr 1615 auf 11 Millionen Menschen am Ende des Krieges im Jahr 1648. Krieg und Elend lösten in der ärmeren Bevölkerung ein Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit aus. Im Gegensatz dazu lebten die absolutistischen, alleinigen Herrscher in pompösen Luxus und ließen sich Schlösser voller Prunk errichten. Diese Gegensätze von Todesangst und Lebenslust bzw. Armut und Luxus ließen sich auch in der Barockliteratur ausmachen. In der Lyrik wird die Verwendung solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. In der Barockliteratur löste die deutsche Sprache das Lateinische ab. Da innerhalb der Zeit des Barocks die äußere Ästhetik und der Wohlklang eines literarischen Werkes eine große Rolle spielten, war die bevorzugte Literaturform das Gedicht. In den Gedichten wurden häufig Symbole, Metaphern und Hyperbolik (Übertreibung) genutzt.

Das vorliegende Gedicht umfasst 217 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „Ich will lachen, ich will scherzen“, „Gedacht und auch geschehn. Ihr Pierinnen lacht“ und „Brich an, erfreutes Licht, las deine Freudenstunden“. Zum Autor des Gedichtes „Als die Phillis zu Waszer verreisen wollte“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 264 Gedichte vor.

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