Die Glocken von Edgar Allan Poe
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Hört die Schlittenglocken, die hellen, |
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Die fröhlichen, silbernen Schellen! |
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Wie sie klingen und klingen und klingen |
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Zu der Rosse feurigen Sprüngen, |
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Wie es ringsherum blinkt und blitzt, |
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Wie die Sterne glitzern und flinkern, |
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Daneben blinzeln und zwinkern |
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Halb verschmitzt! |
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Und im Mondlicht tanzen die Feyn |
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Einen seltsamen Runenreih’n |
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Bei den demantbestreuten Erlen |
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Zu den tönenden Silberperlen. |
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Und es klingt, klingt, klingt, |
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Und es dringt, dringt, dringt |
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Weithin, weit, weit, weit, weit, weit |
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Das klingende, das singende Geläut. |
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II. |
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Hört die Hochzeitsglocken, die weichen, |
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Die goldenen, sangesreichen! |
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Wie sie wogen und wallen, |
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Wie sie schallen und hallen |
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In schmelzenden, schönen, |
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Verwehenden Tönen |
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Durch die schimmernde Nacht, |
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Während hoch im Blauen |
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Der Mond mit schlauen |
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Schalksaugen lacht. |
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O welch brausende Wogen schwellen |
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Aus den tönenden, dröhnenden Zellen! |
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Hört, wie sie schwellen, |
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Wie sie entquellen |
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Den erzenen Kehlen, |
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Sich wonnig vermählen, |
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Anmuthig erzählen |
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Von der Liebe, die bleibt, |
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Von der Lust, die sie treibt, |
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Sich zu schwingen, zu klingen, |
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Weithin, weit, weit, weit, weit, weit – |
39 |
Mit tönendem, mit sehnendem Geläut! |
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40 |
III. |
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Die Sturmglocken hört, aus Erz, aus Erz! |
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Wie zittert dabei das Menschenherz. |
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Von eisernen Fäusten gepackt, |
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Sausen sie aufwärts, scheuen |
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Wie wilde Rosse und schreien, |
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Und schreien und schreien und schreien |
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Einen gellenden Chor |
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Der Nacht ins Ohr |
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Ohne Takt. |
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Ihr eignes, gespenstisches Grausen |
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Heulen sie aus und brausen |
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Im Klageruf an das Feuer, |
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Das wahnsinn’ge Ungeheuer, |
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Und wälzen sich höher und höher, |
55 |
Dem Monde näher und näher, |
56 |
Vom hölzernen, morschen Gerüste |
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Treibt sie ein tolles Gelüste, |
58 |
Sie klirren zusammen und schwirren |
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In’s Blaue und irren und irren, |
60 |
Und tollen und tollen und tollen, |
61 |
Und rollen und rollen und rollen |
62 |
Auf den zuckenden Busen der Nacht |
63 |
Ein bleiches, starres Entsetzen |
64 |
Und wecken die Schläfer und hetzen |
65 |
Sie aus der nächtlichen Ruh. |
66 |
Die stürzen blindlings hinzu, |
67 |
Mit stockendem Athem zu lauschen |
68 |
Dem fluthenden, ebbenden Rauschen |
69 |
Der grausen Gefahr, |
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Aus dem ebbenden, fluthenden Läuten |
71 |
Den Grimm des Feuers zu deuten, |
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Mit fliegenden Pulsen zu hören, |
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Aus der Glocken Schallen und Gellen, |
74 |
Aus dem rasselnden, klirrenden Schellen |
75 |
Das furchtbare Wallen und Gähren |
76 |
Der Feuersgefahr – |
77 |
Und es jammert die zitternde Schaar |
78 |
In der Not, die so fürchterlich dräut, |
79 |
Weithin, weit, weit, weit, weit, weit – |
80 |
Mit gellendem, zerschellendem Geläut. |
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81 |
IV. |
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82 |
Hört den eisernen Glockenklang! |
83 |
Wie bang, wie bang, ein Trauergesang! |
84 |
O, wie wir angstvoll schaudern und beben, |
85 |
Wenn sie des Nachts die Stimmen erheben, |
86 |
Wie wir den Himmel suchen mit scheuen, |
87 |
Erschrockenen Blicken, wenn sie so dräuen! |
88 |
O, wie erschauert unsre Seele, |
89 |
Wenn sie so hoffnungslos gramvoll tönen, |
90 |
Wenn jeder Laut ihrer rostigen Kehle |
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Ein Stöhnen! |
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Und im Thurm allein |
93 |
Jene knöcherne Sippe, |
94 |
Jene fahlen Gerippe, |
95 |
Allein, allein, |
96 |
Es sind nicht Männer, nicht Weiber, |
97 |
Nicht Tier- und nicht Menschenleiber, |
98 |
Es ist Gebein! |
99 |
Es sind nachtwandelnde Geister |
100 |
Und ihr König, das ist der Meister, |
101 |
Und er zieht, und er zieht, und er zieht |
102 |
Aus den Glocken ein schauerlich Lied, |
103 |
Und er rollt mit teuflischer Lust |
104 |
Auf die zuckende Menschenbrust |
105 |
Einen Stein. |
106 |
Und er zieht den ächzenden Strang |
107 |
Zu einem Triumphgesang, |
108 |
Und er jubelt und jauchzet wild, |
109 |
Und sein fröhlicher Busen schwillt, |
110 |
Und er tanzt zu den Melodei’n |
111 |
Einen seltsamen Runenreihn |
112 |
Und schwingt den ächzenden Strang |
113 |
Zu einem Triumphgesang, |
114 |
Und er schwingt, und er schwingt, und er schwingt |
115 |
Auf und ab, auf und ab, auf und ab, |
116 |
Und er winkt, und er winkt, und er winkt |
117 |
In das Grab, in das Grab, in das Grab, |
118 |
Und er tanzt und jubelt und streut, |
119 |
Weithin, weit, weit, weit, weit, weit – |
120 |
Das klagende, verzagende Geläut. |
Details zum Gedicht „Die Glocken“
Edgar Allan Poe
7
120
577
nach 1825
Klassik,
Romantik,
Biedermeier
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Die Glocken“ wurde von Edgar Allan Poe verfasst. Poe wurde am 19. Januar 1809 geboren und starb am 7. Oktober 1849. Das Gedicht kann zeitlich in die Phase der Hochromantik eingeordnet werden, die im 19. Jahrhundert stattfand.
Beim ersten Eindruck des Gedichts fällt die wiederkehrende Struktur der Strophen auf, die jeweils mit einer Einleitung beginnen und abschließend den Titel der Strophe nennen. Die Sprache ist durchgängig poetisch und bildreich, was durch die Verwendung von Alliterationen, Metaphern und Wiederholungen verstärkt wird.
Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich in verschiedenen Strophen unterschiedliche Arten von Glockenklängen. In der ersten Strophe geht es um fröhliche, silberne Schlittenglocken, die das Mädchen am Mondlicht zum Tanzen bringen. Die zweite Strophe beschreibt festliche Hochzeitsglocken, die in einem sanften und melodischen Klang erklingen. Die dritte Strophe dagegen beschäftigt sich mit den düsteren und bedrohlichen Klängen der Sturmglocken, die das Herz der Menschen zum Zittern bringen. Die vierte Strophe beschwört den eisernen Klang der Trauerglocken herauf, der mit Trauer und Angst einhergeht.
Das lyrische Ich möchte durch diese Beschreibungen verschiedene emotionale Zustände und Stimmungen vermitteln. Es nutzt die Glocken als Symbol für verschiedene Lebenssituationen und Ereignisse, um die Vielfalt der menschlichen Erfahrungen darzustellen. Dabei werden sowohl positive als auch negative Gefühle hervorgerufen, wie Freude, Hoffnungslosigkeit, Angst und Trauer.
Die Form des Gedichts ist durch die 4 Strophen gekennzeichnet, die jeweils unterschiedlich viele Verse haben. Es werden wiederkehrende Reime und Rhythmen verwendet, was dem Gedicht eine gewisse Melodik verleiht. Die Sprache ist sehr poetisch und bildreich, wobei auch Lautmalerei eingesetzt wird, um die Klangwirkung der Glocken zu verdeutlichen. Durch diese Verwendung von sprachlichen Mitteln wird eine intensive Wirkung erzeugt und die Stimmung des Gedichts verstärkt.
Weitere Informationen
Edgar Allan Poe ist der Autor des Gedichtes „Die Glocken“. Der Autor Edgar Allan Poe wurde 1809 in Boston, USA geboren. Im Zeitraum zwischen 1825 und 1849 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das 577 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 120 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere Werke des Dichters Edgar Allan Poe sind „Das Kolosseum“, „Das ruhlose Thal“ und „Das verwunschene Schloß“. Zum Autor des Gedichtes „Die Glocken“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 17 Gedichte vor.
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- Das Kolosseum
- Das ruhlose Thal
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Zum Autor Edgar Allan Poe sind auf abi-pur.de 17 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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