Als er beynahe ungeduldig werden wollte von Johann Christian Günther
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Der Mensch ist nicht von Stahl, und Fleisch und Blut muß sincken, |
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Wenn Unruh und Gefahr uns in die Länge stäupt: |
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Ich seh die Ungedult auf allen Seiten wincken, |
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Ich mercke, daß der Trost auf ewig außen bleibt. |
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Ihr Seufzer macht vergebens |
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Mund, Herz und Glieder matt, |
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Ich bin des armen Lebens |
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So wie der Wüntsche satt. |
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Und was erwarth ich hier? Fast stündlich neue Sorgen. |
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Denn redlich gilt nicht mehr, die Welt ist schlimm und roh. |
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Der Reiche schwelgt und trozt, der Arme schwizt vom Morgen |
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Bis in die späte Nacht und wird es doch nicht froh. |
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Viel wuchern mit den Sünden |
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Und haben Lohn davon; |
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Ich mag mich drehn und winden, |
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Der Undanck bleibt mein Lohn. |
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Doch halt, besorgtes Herz, den feigen Fluch zurücke, |
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Die Kleinmuth stellt dir nur das Unglück größer vor: |
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Es hat ein jeder Mensch sein eignes Creuz und Glücke, |
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Wer seins am grösten schäzt, der handelt als ein Thor. |
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Der Vorsicht weises Fügen |
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Betrübet und ergözt; |
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Wohl dem, der sein Vergnügen |
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In ihren Rathschluß sezt. |
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So lang ein Puls noch schlägt, ist Hofnung zum Genesen, |
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Wer niederträchtig weint, ist keiner Hülfe werth; |
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Gedult läst mit der Zeit von Dornen Feigen lesen |
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Und mindert nach und nach, was Seel und Leib beschwert. |
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Der Abend aller Tage |
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Bricht wohl noch nicht herein; |
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Jezt rase Sturm und Plage, |
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Es wird nicht stets so seyn. |
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Du Himmel, kennst mein Herz, es liebt dich auch im Strafen. |
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Schlag, nimm mir alles weg und wirf mich hin und her! |
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Nach Arbeit, Müh und Schmerz erfolgt ein süßes Schlafen, |
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Und wenn es eher nicht als in dem Sarge wär. |
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Dein Wille ist mein Glücke, |
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Die Hofnung meine Ruh; |
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Der Erdkreiß brech in Stücke, |
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Ich seh mit Großmuth zu. |
Details zum Gedicht „Als er beynahe ungeduldig werden wollte“
Johann Christian Günther
5
40
287
1695 - 1723
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Als er beynahe ungeduldig werden wollte“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Christian Günther. Günther wurde im Jahr 1695 in Striegau geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1711 bis 1723 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Bei Günther handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Literaturepoche des Barocks erstreckt sich über den Zeitraum von 1600 bis etwa 1720. Diesen Zeitraum kann man in drei weitere Abschnitte unterteilen: Früh-, Hoch- und Spätbarock. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden große Teile des Deutschen Reiches zerstört. Die Menschen der damaligen Zeit, damals durch ein starkes soziales Gefälle zwischen Hof und Provinz geprägt, litten folglich unter den katastrophalen Auswirkungen des Krieges. Unzählige Menschen starben an den Folgen des Krieges und der Pest. Die Epoche des Barocks wurde davon stark beeinflusst. Die Literatur in der Epoche des Barock ist beeinflusst von der Antithetik. Das heißt, die Menschen nahmen ihre Welt als widersprüchlich und gegensätzlich war. Das Leben der einfachen Bevölkerung war von Armut geprägt. Bei den Adeligen herrschten jedoch Luxus und Verschwendung. Die am häufigsten benutzten Formen in der Poesie waren das Sonett, das Epigramm, die Elegie und die Ode. Im Barock begannen die Autoren ihre Werke in Deutsch zu verfassen. Die Autoren der Renaissance schrieben noch in lateinischer Sprache. Im Zeitalter des Barocks war der größte Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man schrieb zur gehobenen Unterhaltung oder bei Hofe zur Huldigung der Fürsten. Für die wohlhabende Bevölkerung schrieben Lyriker für Taufen, Beerdigungen oder Hochzeiten. Die Dichtung der Literaturepoche des Barocks wird deswegen auch als Gesellschaftsdichtung bezeichnet.
Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 287 Worte. Johann Christian Günther ist auch der Autor für Gedichte wie „Kein Schulpferd ist so gut zum Springen abgericht“, „Was man von galanten Kindern“ und „Ich will lachen, ich will scherzen“. Zum Autor des Gedichtes „Als er beynahe ungeduldig werden wollte“ haben wir auf abi-pur.de weitere 264 Gedichte veröffentlicht.
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